omparis.ch: Ein weiterer klarer Fall von Typosquatting

Die Gesuchstellerin comparis.ch AG aus Zürich betreibt den gleichnamigen Online-Vergleichsdienst, mit dem sich die preisgünstigsten Krankenkassen- und Versicherungsprämien, das beste Handy-Abo für die eigenen Bedürfnisse und mehr finden lassen. Doch der hohe Bekanntheitsgrad hat seinen Preis: Comparis muss sich gegen zahlreiche Typosquattern wehren, die ähnliche Domainnamen mit kleinen Schreibfehlern registrieren, und ist damit die häufigste Gesuchstellerin bei WIPO-Verfahren um Schweizer Domainnamen.

Die Gesuchstellerin Cifagro enterprises aus Kiew in der Ukraine scheint mit haufenweise solcher Typosquatting-Domainnamen viel Geld zu machen. Sie besitzt mehrere hundert Internetadressen aus aller Welt, darunter auch einige aus der Schweiz wie immoscou24.ch, skipe.ch, sarch.ch, zalandro.ch, ebax.ch, jumpo.ch, locl.ch oder 0range.ch (mit einer Null anstelle des o). Nach den Verfahren um comparys.ch, compaaris.ch und wwwcomparis.ch ist sie schon zum vierten Mal Gesuchsgegnerin der comparis.ch AG.

Der Domainname omparis.ch wurde am 30. September 2010 registriert. Er fĂĽhrt zu einer typischen Typosquatter-Webseite mit bezahlten Links.

omparis.ch

Auch dieses Mal nimmt die Gesuchsgegnerin weder an einer Schlichtungsverhandlung teil noch reicht sie eine Antwort ein.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin verfügt neben dem Firmennamen auch über mehrere Marken, von denen die älteste im Jahr 1999 hinterlegt wurde. Der Domainname weist eine hohe Verwechslungsgefahr auf. Dies sieht auch der Experte Tobias Zuberbühler so: Schriftbild und phonetischer Klang sind sich verwechselbar ähnlich, zumal auf der Webseite der Gesuchsgegnerin Links zu gleichartigen Dienstleistungen enthalten sind. Damit beschliesst der Experte die Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Aufgrund des klaren, wiederholten Falls von Typosquatting durch dieselbe Gesuchsgegnerin gibt es am Entscheid nichts auszusetzen.

Es ist schön, dass der Experte Tobias Zuberbühler dieses Mal das Registrierungsdatum des Domainnamens erfragt hat.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0031 vom 3. Januar 2013

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/omparis.ch

SWITCH will nicht mehr Registrierungsstelle fĂĽr .li-Domainnamen sein

SWITCH wird per 13. Februar 2013 nicht mehr Registrierungsstelle (Registrar) fĂĽr Domainnamen der Top Level Domain .li des FĂĽrstentum Liechtenstein sein. Bis zu diesem Zeitpunkt mĂĽssen die rund 70’000 .li-Domainnamen zu einem Partner transferiert werden und werden ansonsten an die SWITCH-Tochtergesellschaft switchplus ĂĽbergeben. SWITCH informiert die Kunden in den nächsten Tagen und stellt ihnen Partner fĂĽr den Wechsel des Domain-Registrars vor. Dieses Vorgehen wurde mit dem Amt fĂĽr Kommunikation Liechtenstein abgestimmt.

Das heutige Modell, bei dem die Stiftung gleichzeitig Registry und Registrar ist, sei nicht mehr marktgerecht. SWITCH wolle sich zukünftig auf die Tätigkeit als Registerbetreiberin (Registry) konzentrieren und das Direktkundengeschäft an Partner übergeben, am liebsten wohl an die eigene Tochtergesellschaft switchplus.

Möglicherweise betrifft dieser Entscheid mittelfristig auch .ch-Domainnamen. Eine solche Entscheidung obliegt dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) und dem Gesetzgeber. SWITCH seien zurzeit jedoch keine entsprechenden Pläne bekannt.

Dieser Blogbeitrag wurde am 8. Januar 2013 aktualisiert. Quellen: Netzticker-Meldung vom 7. Januar 2013, Medienmitteilung von SWITCH vom 8. Januar 2013.

lego.ch: Kein Anschluss unter dieser Nummer

Der dänische Spielwarenhersteller Lego ist der unangefochtene Spitzenreiter als häufigster Gesuchsteller in WIPO Schiedsgerichtsverfahren. Fast täglich werden dem Unternehmen Lego-Domainnamen zugesprochen, die von Domaingrabbern und sonstigen Personen registriert wurden. Lego ist sehr strikt darin, solche auch nicht für Fan-Seiten zuzulassen. Die dabei erhaltenen Domainnamen werden nicht etwa gelöscht, sondern vom Unternehmen behalten. Mittlerweile muss ihre Zahl in die Tausende gehen, mit den entsprechenden jährlichen Registrierungsgebühren.

Umso mehr erstaunt, dass die Lego-Webseite nicht auf schweizerische oder österreichische Internetadressen anspricht. Wer nämlich www.lego.ch oder www.lego.at in die Adresszeile tippt, landet zwar auf der Lego-Webseite www.lego.com, erhält aber die Meldung „Page not found“.

lego.ch

Die Schweiz und Ă–sterreich scheinen die einzigen europäischen Länder zu sein, die keine „eigene“ Lego-Webseite haben. Dies ist kein Versehen, sondern eine bewusste Entscheidung von Lego, deren Grund jedoch unbekannt bleibt – vermutlich eine Mischung aus dem Fehlen einer eigenen Sprache und Unwichtigkeit. Das ist sehr bedauerlich und ziemlich nachlässig. Denn es wäre einfach gewesen, eine Umleitung zu Lego Deutschland oder direkt zum Schweizer Lego-Shop (shop.lego.com/de-CH) zu programmieren. Es ist zu hoffen, dass sich das bald ändert.

pampsuisse.ch: Nachahmer im Gold-Business gestoppt

Die Gesuchstellerinnen Pamp SA aus dem Tessiner Dorf Castel San Pietro und die MKS (Switzerland) SA in Genf sind im Edelmetallgeschäft tätig. Sie stellen seit 35 Jahren Goldbarren, Münzen und Einzelteile für die Uhren- und Schmuckindustrie her. Der Firmenname PAMP steht für Produits Artistiques Metaux Precieux. Er ist seit der Firmengründung als Marken hinterlegt und auch die Internetadresse des Unternehmens (www.pamp.ch).

Der Gesuchsgegner ist gemäss dem SWITCH-Eintrag Pampsuisse Ltd., Walter Muelli, Zürich. Es existiert jedoch weder ein entsprechender Handelsregistereintrag noch ein Telefonbucheintrag unter der eingetragenen Adresse.

Der Domainname pampsuisse.ch wurde am 6. September 2012 registriert. Herr Muelli hat unter dieser Adresse eine separate Webseite (Bild) aufgebaut, auf der er ganze Teile der Pamp.ch-Webseite verwendet und allgemein vorgibt, die Firma Pamp zu sein, scheinbar um ein möglicherweise illegales Schneeball-System für den Vertrieb von Pamp-Gold aufzubauen. So gibt er zwar die korrekte Postadresse der Gesuchstellerin an, aber seine eigene E-Mail-Adresse für die Kontaktaufnahme.

pampsuisse.ch

Die Schreiben des Experten waren an der angegebenen Adresse nicht zustellbar, womit der Gesuchsgegner auch keine Antwort eingereicht hat.

Erwägungen und Entscheid

Die Sachlage ist klar. Der Gesuchsgegner bedient sich in böswilliger und unlauterer, wenn nicht sogar betrügerischer Art und Weise des Firmen- und Markennamens der Gesuchstellerinnen mit dem Ziel, ihre Kunden zu täuschen, indem er sich als die Gesuchstellerin Pamp SA ausgibt. Der Experte Philippe Gilliéron gibt daher richtigerweise dem Gesuch statt und beschliesst die Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Auf der nachgeahmten Pampsuisse.ch-Webseite war eine Facebook-Seite „Pamp Suisse“ mit ĂĽber 1’000 Fans verlinkt. Diese scheint nicht mehr zu existieren, jedenfalls nicht mehr unter diesem Namen. Auch auf Twitter besteht ein Benutzerkonto „PampSuisseLtd“, bisher jedoch ohne Aktivität.

Die Gesuchstellerinnen hatten vor kurzem auch den Domainnamen pampsuisse.com mittels WIPO-Verfahren ĂĽbertragen erhalten (Verfahrensnummer D2012-2122), der auf Khatchik Sahakian aus Glendale, California, USA, eingetragen war. Weiter existiert eine Webseite unter der malaysischen Internetadresse pampsuisse.my, ebenfalls mit einer Facebook-Seite mit jedoch nur gut 200 Fans.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0028 vom 17. Dezember 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/pampsuisse.ch

tausche.ch: Deutscher Taschenhersteller unterliegt gegen Internetportal

Die Gesuchstellerin tausche oHG aus Berlin betreibt die Webseite tausche.de und bietet dort Taschen an. Das Logo mit dem als einzigen Buchstaben nicht ausgefüllten U lässt das Wortspiel Tasche ↔ Tausche erahnen. Tauschen lässt sich dank Reissverschluss der Deckel der Tasche, womit sie sich farblich, saisonal oder für unterschiedliche Gelegenheiten einfach und kostengünstig (ab 15 Euro für einen Taschendeckel) anpassen lässt. Die Gesuchstellerin verfügt über eine internationale Wort-Bild-Marke, die am 29. August 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt für Taschen eingetragen wurde.

Die Gesuchsgegnerin Crea Swiss AG aus Wil SG betreibt das Internetportal suche.ch, auf dem sie Werbeplätze zu verschiedenen Suchbegriffen verkauft (ab 100 Franken/Monat). Insgesamt 6’000 Domainnamen fĂĽhren Internetnutzer, welche ihre Suchbegriffe als Internetadresse eingeben (z.B. www.schuhe.ch oder www.sprachschule.ch) zu jeweiligen Unterseiten des Portals.

Der Domainname tausche.ch wurde gemäss den Angaben der Gesuchsgegnerin vor ĂĽber 10 Jahren registriert. Der Experte Tobias ZuberbĂĽhler hat es wiederum nicht fĂĽr nötig gehalten, wie sonst ĂĽblich bei SWITCH das genaue Registrierungsdatum zu erfragen. Bei Verfahrensbeginn fĂĽhrte der Domainname noch zur suche.ch-Hauptseite, während in der Zwischenzeit eine eigene „Tauschen“-Rubrik mit zurzeit fĂĽnf Werbebannern erreicht wird.

tausche.ch

Die Gesuchsgegnerin hat auf die DurchfĂĽhrung einer Schlichtungsverhandlung verzichtet. Scheinbar hatte sie der Gesuchstellerin im Vorfeld angeboten, den Domainnamen fĂĽr 5’000 Euro zu verkaufen, was bei der aktuellen Belegung ungefähr den Einnahmen eines Jahres entspricht.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bzw. ihr GeschäftsfĂĽhrer Heiko Braun stĂĽtzt seinen Antrag auf die internationale Marke. Er argumentiert, dass die Gesuchsgegnerin ja gar keine Aktivitäten unter der Bezeichnung „tausche“ anbiete und der Domainname daher zu ĂĽbertragen sei. Da der Domainname noch vor der Marke registriert wurde, weist die Gesuchsgegnerin, ebenfalls durch ihren GeschäftsfĂĽhrer Christian Pfister vertreten, das Gesuch zurĂĽck.

Trotz seiner fehlenden Abklärung des genauen Registrierungsdatums hält der Experte die ältere Registrierung des Domainnamens als plausibel, womit das Prinzip „First come first served“ und ein Weiterbenutzungsrecht nach Markenschutzgesetz gilt. Ferner hält er fest, dass die Marke als Imperativ des Verbs tauschen sehr kennzeichnungsschwach ist und sich ihr Schutz bestenfalls auf die geschĂĽtzten Klassen beschränkt. Da die Gesuchsgegnerin unter ihrem Domainnamen keine Taschen anbiete, bestehe kein Anspruch der Gesuchstellerin. Insofern weist der Experte das Gesuch ab.

Bemerkungen

Der WIPO-Entscheid ist sehr unsorgfältig verfasst und enthält diverse Fehler, angefangen beim Sitz der Gesuchsgegnerin („Will“ statt „Wil“), bis zu diversen Verwechslungen von www.tausche.de und www.suche.ch. Vor allem ist aber unverständlich, weshalb der Experte es unterlassen hat, das Registrierungsdatum bei SWITCH abzuklären. Schliesslich ist die Frage, ob der Domainname nun wirklich vor oder nach der Hinterlegung der Marke registriert wurde, zentral. Dem Entscheid selbst ist hingegen beizupflichten.

Das Angebot der Gesuchsgegnerin, den generischen Domainnamen fĂĽr 5’000 Euro zu verkaufen, war völlig berechtigt und erscheint mir auch preislich mehr als fair. Ob dieses Angebot weiterhin gilt und die Gesuchstellerin darauf eingehen wird,

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0029 vom 17. Dezember 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/tausche.ch

elle-agency.ch: Keine Exklusivrechte an „sie“ fĂĽr Frauenzeitschrift-Verleger

Die Gesuchstellerin Hachette Filipacchi Presse in Levallois-Perret, Frankreich, verlegt seit 1945 die Frauenzeitschrift „Elle“, die mittlerweile in 43 Versionen in 90 Ländern erhältlich ist. Im deutschsprachigen Raum erscheint sie monatlich mit einer Auflage von gut 200’000 Exemplaren. „Elle“ leitet sich vom französischen Pronomen fĂĽr „sie“ (als weibliches Pendant zu „er“) ab. Die Gesuchstellerin verfĂĽgt ĂĽber diverse Marken „Elle“, die unter dem Madrider Protokoll hinterlegt wurden und auch in der Schweiz GĂĽltigkeit haben. Die älteste davon stammt aus dem Jahr 1964.

Die Gesuchsgegnerin Full Access Sàrl in Lausanne wurde 2009 gegründet und bezweckt laut Handelsregister, Beratungsleistungen bezüglich Kommunikation und Tourismus zu erbringen. Alleinige Gesellschafterin ist Valérie Lévy, die unter derselben Postadresse noch zwei weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit ähnlichem Zweck besitzt. Eine frühere Aktiengesellschaft von ihr in Genf musste Konkurs anmelden und wurde aufgelöst.

Der Domainname elle-agency.ch wurde am 24. Juni 2010 registriert. Er ist auf die Webseite einer Edel-Begleitagentur umgeleitet. Ob sie und die dort genannte Agenturchefin Leyla Castaldi ein und dieselbe Person sind, lässt sich nicht herausfinden. Die Internetrecherche zeigt jedoch, dass die Agentur „Elle-Agency“ in Lausanne und Genf sehr erfolgreich zu sein scheint und die Agenturchefin regelmässig medienwirksam auftritt, z.B. in einem Interview mit der „Bilanz“.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin räumt zwar ein, dass sich die hinterlegten Tätigkeiten ihrer Marke von den Diensten der Gesuchsgegnerin unterscheiden. Sie ist jedoch der Ansicht, dass ihre Marke berühmt sei und daher Schutz über sämtliche Waren- und Dienstleistungsklassen hinweg geniesse, ohne dies aber weiter zu belegen.

Die BerĂĽhmtheit der Marke wird von der Gesuchsgegnerin bestritten und letztlich auch vom Experten Bernhard Meyer verneint. Die im Gesetz nicht genannten (alternativen) Kriterien fĂĽr eine berĂĽhmte Marke sind:

  • Hoher (Wieder-) Erkennungswert in der Schweiz: Selbst Leuten, die diese Marke nicht kaufen o.ä., sollte sie bekannt sein (mind. 50% aller Schweizer!) und sie sollten sie sofort erkennen und dem Hersteller zuordnen können. Coca-Cola oder Apple sind beispielsweise berĂĽhmte Marken.
  • Hohe Ausgaben fĂĽr Werbung.
  • Hohe Marktanteile auf verschiedenen Tätigkeitsgebieten.
  • Hohe Unterscheidungskraft und Einzigartigkeit der Marke.

Wer die BerĂĽhmtheit der eigenen Marke behauptet, hat dies detailliert zu belegen, mindestens aber mit gross angelegten, repräsentativen Umfrageergebnissen. Die eindrĂĽcklichen Verkaufszahlen der Zeitschrift in verschiedenen Ländern alleine reicht dazu nicht. Daneben bewertet der Experte die Marke „Elle“ als wenig unterscheidungskräftig. Gerade in der französischsprachigen Westschweiz, in der die Gesuchsgegnerin tätig ist, ist das Wort Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Umso mehr wären hier Beweise fĂĽr die BerĂĽhmtheit der Marke erforderlich gewesen. Damit verletzt der Domainname die Rechte der Gesuchstellerin nicht, womit der Experte das Gesuch abweist.

Bemerkungen

Dem Entscheid ist absolut beizupflichten. Seine LektĂĽre eignet sich gut, um die Kriterien der „berĂĽhmten Marke“ nach Art. 15 Markenschutzgesetz aufzufrischen.

Ich wĂĽrde sogar soweit gehen, das vorliegende WIPO-Verfahren zur Kategorie der „Domain-Regrabbing“-Fälle zu zählen, bei dem Grossunternehmen versuchen, alle sich in ihrer Nähe befindlichen Domainnamen einzufordern, ohne dazu berechtigt zu sein.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0023 vom 9. November 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/elle-agency.ch

SWITCH feiert 25-Jahre-Jubiläum

Die Stiftung SWITCH blickt heute auf ihr 25-jähriges Bestehen zurück. Als Partnerin der Hochschulen entwickelt SWITCH für Forschende, Lehrende und Studierende Dienstleistungen, die den Forschungsstandort Schweiz stärken und zur Vernetzung der Hochschulen beitragen. Projekte für die junge Generation sowie die Entwicklung der e-Identity weisen den Weg in die Zukunft nachhaltiger Internet-Dienste.

Seit der Gründung 1987 setzt sich SWITCH für die Schaffung, Speicherung und Weitergabe neuen Wissens ein. Als Teil der schweizerischen Hochschulgemeinschaft macht die Stiftung Forschende, Lehrende und Studierende weltweit durch umfassende Vernetzung und individuelle ICT-Dienstleistungen erfolgreicher. Die enge Zusammenarbeit mit der Hochschulgemeinschaft, die von Teamdenken, Solidarität und Neugier geprägte Unternehmenskultur machen den Erfolg von SWITCH aus. «Durch die weltweite Vernetzung ist SWITCH stets am Puls der Zeit» so Andreas Dudler, Geschäftsführer von SWITCH.

25 Jahre SWITCH, 25 Jahre „.ch“ und 25 Jahre Internet in der Schweiz: Die virtuelle Zeitreise gibt’s online: www.switch.ch/de/about/25years

Quelle: Medienmitteilung von SWITCH vom 23. November 2012

chatscout.ch und weitere: Scout24 muss Marken­verwäs­se­rung hinnehmen

Die Gesuchstellerin, die Scout24-Gruppe, betreibt in ganz Europa diverse bekannte Webseiten zur Vermittlung von u.a. Autos, Immobilien/Wohnungen, Stellen oder Bekanntschaften. Diese Internetauftritte sind mit dem „scout24“-Zusatz präsent, der auch als Schweizer Marken (z.B. Friend Scout, im 2008 hinterlegt) sowie als europäische Marken mit Schutzausdehnung auf die Schweiz geschĂĽtzt ist. Konkret treten die Scout24 Holding GmbH, MĂĽnchen, und die Scout24 International Management AG, Baar, auf.

Die Gesuchsgegnerin Nexmedia GmbH in Sursee wurde im Jahr 2002 als Webdesign-Firma gegrĂĽndet („Nexmedia Websolutions“). Die Interessen des GrĂĽnders scheinen sich in der Folge rasch in Richtung seiner Leidenschaft Fotografie und Models mit Spezialisierung auf Erotik- und Akt­fotografie verschoben zu haben, so dass sein BĂĽro schon bald einem 130 m2-Fotostudio und die Nexmedia-Webseite einer Weiterleitung zu seiner Plattform fĂĽr Models und Auftraggeber, Modelsonline.ch, weichen musste.

Die Domainnamen chatscout.ch, fickscout.ch, hurenscout.ch, ladyscout.ch, pornscout.ch und seitensprungscout.ch sowie die internationalen Domainnamen hurenscout.com und seitensprungscout.com wurden zwischen 2010 und 2012 registriert.

Nach einem erfolglosen Schlichtungsversuch durch den Experten François Dessemontet wurde das Verfahren neu dem Experten Gérald Page zugewiesen.

Erwägungen und Entscheid

Der Experte folgt weitgehend den AusfĂĽhrungen des Anwalts der Gesuchsgegnerin, indem er festhält, dass die Domainnamen nur mit einem Teil der Marke der Gesuchstellerin identisch sind, und dass dieser Begriff „Scout“ ein Sachbegriff ist. Tatsächlich existieren – mal abgesehen von den Pfadfindern, die ebenfalls als „Scouts“ bekannt sind – zahlreiche Unternehmen und Marken, welche diesen Begriff beinhalten. „Scouts“ sind Talentsucher in Mode, Musik oder Sport. Deshalb ist eine Zuordnung dieses Sachbegriffs einzig zu Scout24 und eine entsprechende Verwechslungsgefahr zu verneinen. Erst der Zusatz „24“ ergibt bei Scout24 einen hohen Bekanntheitsgrad und eine hohe Kennzeichnungskraft. Ohne diesen Zusatz besteht keine Verwechslungsgefahr und keine Rufausbeutung, weshalb der Experte das Gesuch ablehnt.

Bemerkungen

Zwar hatte Scout24 in allen der bisherigen sieben WIPO-Verfahren zu Schweizer Domainnamen mit Expertenentscheid obsiegt. Dabei handelte es sich jedoch ausschliesslich um Domainnamen, welche den Zusatz „24“ beinhalteten (bzw. bei Verfahren mit mehreren Domainnamen: zumindest einer davon). Mit dem vorliegenden Entscheid wird die siegessichere Scout24-Gruppe vorerst gebremst.

Scout24 muss die Verwässerung seiner Marke hinnehmen, wie auch schon McDonald’s, als in den 2000er-Jahren plötzlich zahlreiche Unternehmen mit „Mc“ oder „Mac“ im Namen gegrĂĽndet wurden, z.B. McOptik oder MacBaby. Dies ist zwar stossend, aber rechtlich nicht zu bemängeln. Angesichts der unzähligen weiteren Domainnamen, welche „Scout“ und „24“ enthalten, bleibt Scout24 auch kaum etwas Anderes ĂĽbrig, als sich damit abzufinden, und sich auf weitere Verfahren zu konzentrieren.

WIPO-Verfahren Nrn. DCH2012-0016 und D2012-1359, beide Entscheide vom 29. Ok­tober 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/chatscout.ch

raiffeien.ch: Bank obsiegt gegen Typosquatter

Die Gesuchstellerin Raiffeisen Schweiz Genossenschaft ist die drittgrösste Bank der Schweiz. Neben dem Namensrecht verfügt sie seit 1993 auch über Schweizer Marken und hatte schon früh, nämlich am 31.12.1995 den Domainnamen raiffeisen.ch registriert, den sie seither für ihren Internetauftritt nutzt.

Der Gesuchsgegner Peter Bachta aus Polen ist einer der „ĂĽblichen Verdächtigen“: Er hat unzählige Domainnamen aus aller Welt registriert und war in der Schweiz bereits frĂĽher als Gesuchsgegner in ein WIPO-Verfahren involviert (deezer.ch). Wie auch damals schon hat er nicht am Schlichtungsversuch teilgenommen und keine Antwort eingereicht.

Der Domainname raiffeien.ch wurde irgendwann innerhalb der letzten 10 Jahre registriert. Der Experte Tobias Zuberbühler hat es nicht für nötig gehalten, wie sonst üblich bei SWITCH das Registrierungsdatum zu erfragen. Der Domainname ist bei Sedo geparkt.

Obwohl der Registrierungsvertrag in französischer Sprache geschlossen wurde, beschliesst der Experte aufgrund der deutschsprachigen Parking-Webseite und der fehlenden Anfechtung durch den Gesuchsgegner, das Verfahren in deutscher Sprache durchzuführen.

Erwägungen und Entscheid

Die BegrĂĽndung des Gesuchs liest sich wie ein Lehrbuch fĂĽr Domainnamenrecht. Klar und prägnant haben die Anwälte der Kanzlei Bratschi Wiederkehr & Buob das Bestehen von schweizerischen Kennzeichenrechten und ihre Verletzung durch den ähnlichen Domainnamen formuliert. Bei diesem sogenannten Typosquatting „nutzt der Nichtberechtigte die Bekanntheit eines Domainnamens aus und lässt missbräuchlich einen ähnlich geschriebenen Domainnamen fĂĽr sich registrieren. Tippt ein Internetbenutzer den ihm bekannten Domainnamen in einem Webbrowser versehentlich falsch ein, wird er auf die unerwĂĽnschte Seite des Typosquatters gefĂĽhrt“. Das lässt sich nicht besser erklären.

Der Experte bestätigt die Verwechslungsgefahr durch das ähnliche Schriftbild und den phonetischen Klang, womit neben marken- auch lauterkeitsrechtliche Ansprüche der Gesuchstellerin verletzt werden. Er beschliesst die Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Meines Erachtens hat der Experte bei der Frage der Verfahrenssprache allzu vorschnell entschieden, als er auf die Sprache der Parking-Webseite abstellte. Der Domainnamen-Parking-Anbieter Sedo ermittelt nämlich per Geo-Tagging automatisch, woher ein Besucher kommt, und blendet den Webseiten-Inhalt in der jeweiligen Landessprache ein. Somit kann sich die Webseite dem in Zürich basierten Experten gar nicht anders präsentieren als in deutscher Sprache, während sie einem Franzosen auf Französisch und einem Engländer in Englisch erschienen wäre.

Die Gesuchstellerin bzw. ihre Anwälte schreiben: „Die Aktivitäten des Gesuchsgegners haben auch direkt nachteilige Konsequenzen fĂĽr die Gesuchstellerin. Die missbräuchliche Anlehnung des Webauftritts an jenen der Gesuchstellerin sowie die Verlinkung zu Konkurrenzunternehmen verärgert die Kunden der Gesuchstellerin und schädigt deren Reputation. Entscheiden sich Kunden, mit den auf der Homepage des Gesuchsgegners aufgeschalteten Konkurrenzunternehmen Geschäfte abzuschliessen, entgeht der Gesuchstellerin das entsprechende Geschäft, und es droht ihr dadurch Schaden in der Form entgangenen Gewinns.“ Damit schiessen sie natĂĽrlich weit ĂĽbers Ziel hinaus. Die Parking-Webseite unterscheidet sich optisch stark von der Webseite der Gesuchstellerin. Und auch sonst wird mangels Inhalt (ausser den Werbe-Links zu externen Webseiten) kein Besucher annehmen, er sei hier bei seiner Bank gelandet. Demzufolge wird sich auch niemand dazu entscheiden, ĂĽber eine der verlinkten Webseiten Geldgeschäfte abzuschliessen.

Trotzdem ist der Übertragung des Domainnamens natürlich beizupflichten. Gerade Typosquatter-Domainnamen lassen sich aufgrund ihrer Vielzahl kaum vorhersehen und selbst registrieren. In der raschen und einfachen Übertragung des Domainnamens in solchen Fällen liegt die Stärke des WIPO-Verfahrens.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0024, Entscheid vom 25. Oktober 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/raiffeien.ch

encore.ch: Lächerliches Angebot von Tamedia

Die Gesuchstellerin ist die Tamedia Publications romandes SA in Lausanne, vormals als das Medienunternehmen Edipresse bekannt, heute eine Tochtergesellschaft der Tamedia AG. Sie hat am 19. Mai 2011 die Bildmarke „encore!“ beim Schweizerischen Institut fĂĽr Geistiges Eigentum (IGE) hinterlegt. Unter dieser Bezeichnung hatte sie gleichzeitig ein neues Lifestyle-Magazin ĂĽber Mode, Reisen, Design und Gastronomie lanciert, das als Beilage zur Matin Dimanche sowie der SonntagsZeitung erscheint.

Der Gesuchsgegner, Carl Kyril Gossweiler aus Buchillon (VD) bzw. Lausanne, ist ein freiberuflicher Marketingexperte mit langjähriger Erfahrung. Als Inhaber und GeschäftsfĂĽhrer der Hold’In SA, bzw. der CrĂ©aktion Concepts SĂ rl und der LAC-Live Art Club SĂ rl erarbeitet er fĂĽr Kunden kreative Konzepte und Werbemassnahmen und entwirft neue Produkte. Daneben hält er zwei Schweizer Marken im Bereich Mahlzeitenlieferdienst. Er lässt sich im Verfahren durch die Anwaltskanzlei Kasser Schlosser vertreten.

Der Domainname encore.ch wurde im Jahr 2005 durch den Gesuchsgegner registriert. Das Wort bedeutet soviel wie „noch (immer)“ oder „Zugabe“ auf Französisch und Englisch (im Sinne einer Zugabe, die am Schluss von AuffĂĽhrungen verlangt wird). Unter dieser Internetadresse befindet sich eine kĂĽnstlerisch-philosophisch anmutende weisse Seite mit dem Text „encore quoi ?“ bzw. „encore was ?“.

Am 30. März 2012 kontaktierte die Gesuchstellerin den Gesuchsgegner und bat um Übertragung des Domainnamens im Tausch gegen ein einjähriges Abonnement zweier Tamedia-Publikationen. Auch eine E-Mail-Adresse hätte der Gesuchsgegner behalten dürfen. Als er ablehnte, gelangte die Gesuchstellerin an die WIPO. Nach einem erfolglosen Schlichtungsversuch durch den Experten François Dessemontet wurde das Verfahren suspendiert und Daniel Kraus als neuer Experte eingesetzt.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin ist der Ansicht, dass die Registrierung und Nutzung des Domainnamens eine Markenverletzung darstellt, auch aufgrund der dadurch geschaffenen Verwechslungsgefahr. Es bestehe auch kein Weiterbenutzungsrecht des vorbestehenden Domainnamens, da die Webseite inaktiv sei. Ausserdem verhalte sich der Gesuchsgegner unlauter und er schade durch dieses Cybersquatting dem Ansehen des Magazins und seines Herausgebers. FĂĽr Tamedia sei diese Blockierung des Domainnamens ein grosses Problem, da all ihre Publikationen eine eigene Webseite haben.

Der Experte bestätigt hingegen sämtliche Vorbringen des Gesuchgegners. Tatsächlich handle es sich um eine schwache Marke, die vom IGE nicht als Text-, sondern nur als Bildmarke zugelassen wurde. Ihr Schutzbereich sei derart begrenzt, dass Tamedia höchstens eine Verwendung in derselben Schriftart inklusive Ausrufezeichen für ein ähnliches Produkt verbieten könne. Und auch sonst gelte selbstverständlich das Weiterbenutzungsrecht des lange vor der Marke bestehenden Domainnamens. Auch den Cybersquatting-Vorwurf und ein unlauteres Verhalten verneint der Experte, schliesslich schädige das Bestehen des Domainnamens die Gesuchstellerin in keiner Weise. Er lehnt das Gesuch ab.

Bemerkungen

Tamedia macht sich hier gleich doppelt lächerlich:

Die angebotenen einjährigen Abonnemente zweier Tamedia-Publikationen hätte die Gesuchstellerin praktisch nichts gekostet und ist trotz eines Gegenwerts von rund 800 Franken kein ansprechendes Angebot. Tamedia wollte den Gesuchsgegner mit Almosen abspeisen. Es ist mehr als verständlich, dass er dieses Angebot abgelehnt hat. Angesichts des Reingewinns von 178.8 Millionen Franken im Jahr 2011 hätte sich Tamedia durchaus ein ernsthaftes Angebot leisten können; ein fünfstelliger Frankenbetrag hätte es schon sein dürfen, um den Gesuchsgegner zum Verkauf zu bewegen. Als Alternative bleibt immer ein Ausweichen auf eine andere, weniger attraktive Internetadresse, was Tamedia mit der Registration von encore-mag.ch, encore-magazin.ch, encore-magazine.ch, encore-publicationsromandes.ch und encore-tamedia.ch sowie die Pendants ohne Bindestrich (wobei unverständlicherweise nur www.encore-mag.ch zur Zeitschrift führt).

Daneben ist vollkommen unverständlich, wie Tamedia auf die Idee gekommen ist, sie hätten dank ihrer eben erst hinterlegten Marke eine bessere Berechtigung am Domainnamen als dessen langjähriger Halter. Dies zeugt einzig von vollkommen fehlender Kenntnis des Domainnamenrechts. Dass sie diesen Domainnamen fĂĽr sich monopolisieren möchten, erscheint auch angesichts des guten Dutzend älterer Schweizer „encore“-Marken, z.B. von Kraft Foods, Ford oder Adobe, komisch.

Sehr interessant ist schliesslich die Aussage des Experten, die schwache Marke von Tamedia könne sich allerhöchstens bei gleicher Schreibweise inklusive Ausrufezeichen gegen ein anderes Zeichen durchsetzen. Da Internetadressen keine Ausrufezeichen enthalten können, verweigert er der Marke damit faktisch einen Schutz im Zusammenhang mit Domainnamen.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0017, Entscheid vom 3. Oktober 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/encore.ch