brevo.ch: Heisser Kampf ums Feuerlöschen

Die Gesuchstellerin Sicli Materiel-Incendie SA in Plan-les-Ouates im Kanton Genf ist seit rund 90 Jahren im Brandschutzbereich tätig (die Abkürzung „Sicli“ steht für Secours Immédiat Contre L’Incendie), unter anderem mit dem Vertrieb von Feuerlöschern. Im Jahr 2005 hatte die Gesuchstellerin die Brevo AG in Horgen übernommen. Deren Wortmarke „Brevo“ für Feuerlöschapparate und -anlagen aus dem Jahr 1983 wurde erst 2013 im Rahmen der Erneuerung um weitere zehn Jahre auf die Gesuchstellerin übertragen. Im Frühjahr 2013 führte sie ein neues Feuerlöschsortiment unter der Marke Brevo ein.

Der Gesuchsgegner ABC Brandschutz ist das Einzelunternehmen von Ludwig Johann Camenzind in Schönengrund im Kanton St. Gallen. Er vertreibt Feuerlöschgeräte und Zubehör und bietet Schulungen an. Gemäss der Behauptung der Gesuchstellerin arbeitete Herr Camenzind vom 1. Januar 2008 bis am 28. August 2009 bei der Brevo AG. Er bestreitet dies und weist darauf hin, dass die Brevo GmbH nach seinem Wissen seit 2006 nicht mehr besteht (was auch auf der Brevo-Webseite so aufgeführt war). Ein Blick in das Handelsregister zeigt, dass die Brevo AG (später: Brevo GmbH) nach der Fusion mit der Gesuchsgegnerin am 28. November 2005 aus dem Handelsregister gelöscht wurde, womit die Behauptung tatsächlich falsch sein muss.

Der Domainnamen brevo.ch wurde gemäss den Angaben im WIPO-Entscheid am 3. Juni 2013 registriert. Unter dieser Adresse war seit dem Jahr 2001 und mindestens bis im Jahr 2010 die Webseite der Brevo AG zu erreichen. Danach wurde der Domainname scheinbar aufgegeben, bevor er vom Gesuchsgegner neu registriert wurde.

brevo.ch

Nach dem erfolglosen Schlichtungsversuch durch den Experten Daniel Kraus wurde das Verfahren unter der Leitung des Experten Tobias Zuberbühler fortgesetzt.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin macht Markenrecht am Begriff Brevo geltend und behauptet, der Gesuchsgegner wolle aufgrund seiner früheren Beschäftigung für die Brevo GmbH vorsätzlich eine Verwechslung zwischen den Produkten der Gesuchstellerin und seinen eigenen schaffen. Der Gesuchsgegner streitet die Beschäftigung ab und entgegnet, dass die Gesuchstellerin den Domainnamen wegen Nichtgebrauchs aufgegeben habe.

Der Experte zitiert die gängigen Gesetzesbestimmungen und Bundesgerichtsentscheide, die Domainnamen eine Kennzeichenfunktion zugestehen und sie daher nicht identisch oder verwechselbar mit einer älteren Marke für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen sein dürfen.

Beide Parteien sind im Brandschutz- bzw. Feuerlöschmaterial-Bereich tätig. Sowohl die Waren- und Dienstleistungsgleichartigkeit als auch die Verwechslungsgefahr sind gegeben. Da der Gesuchsgegner keine rechtlich relevanten Verteidigungsgründe vorbringt und auch kein eigenes legitimes Interesse dargelegt hat, entscheidet der Experte die Übertragung des Domainnamens an die Gesuchstellerin.

Bemerkungen

Der Experte misst der Löschung des Domainnamens durch die Gesuchstellerin und der später Erstreitung im WIPO-Verfahren „keine entscheidende Bedeutung“ zu. Dem kann nur zum Teil zugestimmt werden. Das Verhalten der Gesuchsgegnerin stellt eine Zuwiderhandlung gegen den vorherigen klaren Verzicht auf den Domainnamen dar (Grundsatz „venire contra factum proprium“) und kann als nicht schützenswerter Rechtsmissbrauch angesehen werden. Es ist weder Sinn noch Zweck einer Marke, die Bezahlung der Jahresgebühr für einen Domainnamen zu ersetzen.

Weiter bezweifelt der Experte die Entgegnung des Gesuchsgegners, er habe nie bei der Gesuchstellerin gearbeitet, weil er darauf hinweist, dass die Brevo GmbH nach seinem Wissen seit 2006 nicht mehr bestanden habe. „Damit gibt er implizit zu, die Rechtsvorgängerin der Gesuchstellerin (und damit auch die Marke BREVO) zu kennen.“ Hier muss klar widersprochen werden. Die Brevo GmbH hatte dies vor der Löschung des Domainnamens auf ihrer Webseite fast wörtlich so kommuniziert. Alle möglichen Gesuchsgegner – ob sie die Gesuchstellerin nun kennen oder nicht – hätten für das Verfassen ihrer Gesuchserwiderung solche Informationen recherchiert und leicht aufgefunden. Da die Gesuchstellerin zu dieser Behauptung offensichtlich keine Beweismittel eingereicht hatte, hätte sie nicht beachtet werden dürfen.

Interessanterweise scheint der Gesuchsgegner Vorbereitungen getroffen zu haben, die Warengleichartigkeit zu verschleiern bzw. eine anderweitige Verwendung vorzutäuschen, indem er unter der Internetadresse www.brevo.ch eine In-Arbeit-Seite mit dem Vermerk „Breitensport Vorschriften“ aufgeschaltet hatte (siehe Bild). Dabei hatte er jedoch vergessen, den in der Browser-Kopfzeile angezeigten Seitentitel („Title“) abzuändern. Dieser lautet: „Brevo Brandschutz und Sicherheit“. Scheinbar hat er im WIPO-Verfahren dann aber nicht versucht, dieses Argument geltend zu machen.

Im Endeffekt ist dem Entscheid jedoch zuzustimmen. Auch im Rahmen eines sachlichen Mitgebrauchs beim Verkauf von Brevo-Feuerlöschern muss der Anspruch des Gesuchgegners auf den Domainnamen gegenüber dem Anspruch der Gesuchstellerin als Inhaberin der identischen Wortmarke zurückstehen.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0014, Entscheid vom 4. November 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/brevo.ch

youtubetv.ch: Streaming-Anbieter „ohne betrügerische Absicht oder Bösgläubigkeit“

Die Gesuchstellerin Google Inc. aus Mountain View, Kalifornien, USA, ist ein Unternehmen für Internetdienstleistungen, das am meisten für seine gleichnamige Suchmaschine bekannt ist. Im Jahr 2006 kaufte Google das Internet-Videoportal YouTube und besitzt seit demselben Jahr die Schweizer Wortmarke YouTube.

Der Gesuchsgegner Dr. István Dózsa aus Debrecen, Ungarn, bietet unter den Adressen YouTubeTV.ch und FacebookTV.org einen Streaming-Dienst für Filme und Fernsehserien an. Weder über ihn noch über die in den Impressen erwähnten Firmen Diamond Reef Ltd. und VideoCinema ist mehr bekannt.

Der Domainname youtubetv.ch wurde am 27. März 2013 registriert. Unter dieser Adresse ist der erwähnte Streaming-Dienst des Gesuchsgegners zu finden.

youtubetv.ch

Der Schlichtungsversuch blieb erfolglos. Tobias Zuberbühler wurde als Experte eingesetzt, um das Verfahren weiterzuführen.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bringt vor, dass sich der Domainname nur durch den Zusatz „TV“ von ihrem Angebot und ihrer Marke unterscheidet und dass sich die angebotenen Dienstleistungen zum Teil überschneiden, was neben der Markenverletzung auch eine erhebliche Verwechslungsgefahr schaffe.

Der Gesuchsgegner wendet ein, dass der Domainname rechtmässig und ohne betrügerische Absicht oder Bösgläubigkeit registriert worden sei. Er habe ein legitimes Interesse am Domainnamen, der nicht mit den Diensten, dem Logo oder der Bezeichnung der Gesuchstellerin verwechselt werden könne.

Für den Experten steht fest, dass eine Zeichenidentität bzw. -ähnlichkeit besteht und der Zusatz „TV“ lediglich beschreibend ist und „keine nennenswerte Distanz zwischen dem Domainnamen und der Wortmarke der Gesuchstellerin“ zu schaffen vermag. Daneben liegen auch identische Dienstleistungen vor. Somit besteht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, die vom Gesuchsgegner bewusst geschaffen worden sei, was die Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin klar verletzt. Er beschliesst die Ãœbertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Der Gesuchsgegner behauptet zwar, die Besucher nicht täuschen zu wollen und den Domainnamen nicht bösgläubig registriert zu haben. Dem Experten ist jedoch beizupflichten, dass diese Behauptungen rechtlich irrelevant sind. Dem Gesuchsgegner war das YouTube-Portal bekannt und es muss ihm klar gewesen sein, dass es sich hier nicht nur um ein fremdes Kennzeichen handelt, sondern er wollte klar von dessen Ruf profitieren. Es fehlt ihm also klar nicht am Unrechtsbewusstsein als Voraussetzung für gutgläubiges Handeln.

Mich hat überrascht, dass in einem eigentlich so klaren Fall einer Markenverletzung überhaupt eine Gesuchserwiderung eingetroffen ist und dass der Gesuchsgegner tatsächlich davon überzeugt ist, eine Berechtigung am Domainnamen zu haben. Für seinen Streaming-Dienst ist er auf diesen nicht angewiesen (er ist auch unter weiteren Adressen erreichbar) und es ist fraglich, wie viele internationale Besucher sich überhaupt auf die Schweizer Internetadresse verirrt hatten.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0015, Entscheid vom 5. November 2013.

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kstools.ch: Mutterhaus unterliegt gegen Vertriebspartner in Liquidation

Die Gesuchstellerin KS Tools Werkzeuge – Maschinen GmbH aus Heusenstamm in Deutschland ist ein international tätiger Anbieter von Werkzeugen und Werkstatteinrichtungen. Das 1992 gegründete und mittlerweile auf über 190 Mitarbeiter am Konzernhauptsitz in Deutschland angewachsene Unternehmen verfügt weltweit über Niederlassungen und Vertriebsgesellschaften. Sie ist Inhaberin mehrerer internationaler Markeneintragungen, die den Bestandteil „KS Tools“ enthalten, auch mit Schutzanspruch für die Schweiz.

Der Gesuchsgegner Rieder Engineering ist ein Einzelunternehmen in Greifensee für die Beratung, Installation und Verkauf im Bereich Computer/Elektronik. Der Inhaber Lucas Rieder und seine Ehefrau führten als Verwaltungsräte bzw. Geschäftsführerin die am 2. Juni 2004 gegründete Schweizer Vertriebsgesellschaft der Gesuchstellerin, KS Tools AG, welche das Werkzeugsortiment der Gesuchstellerin exklusiv in der Schweiz vertrieb. Am 4. Dezember 2012 (der WIPO-Entscheid spricht fälschlicherweise vom Jahr 2011) wurde über die Schweizer Vertriebsgesellschaft der Konkurs verhängt. Der Gesuchsgegner betrieb nach eigenen Angaben die IT-Infrastruktur der Schweizer Vertriebsgesellschaft.

Gemäss den Angaben im WIPO-Entscheid wurde der Domainname kstools.ch am 9. Januar 2013 registriert. Er gehörte jedoch mindestens seit dem 28. Mai 2004 der Schweizer Vertriebsgesellschaft. Scheinbar hatte ihn das Ehepaar Rieder aufgrund der Liquidation der Schweizer Vertriebsgesellschaft auf das Einzelunternehmen übertragen. Zur Zeit des WIPO-Entscheids ist unter dieser Internetadresse keine Webseite aufgeschaltet. Das Bild zeigt die Webseite der Gesuchstellerin.

kstools.com (KS Tools Mutterhaus in Deutschland)

Der Schlichtungsversuch unter der Leitung des Experten Tobias Zuberbühler blieb erfolglos. In der Folge wurde das Verfahren fortgesetzt und Andrea Mondini als Experte eingesetzt.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin verweist auf ihre Markeneintragungen und ihr Namensrecht (auch der Schweizer Vertriebsgesellschaft, an der sie ebenfalls beteiligt war) und macht geltend, „der Gesuchsgegner habe den Domainnamen in der Absicht registriert, die Aktivitäten der Gesuchstellerin in der Schweiz zu behindern und damit ‚wie ein Domainnamen-Pirat‘ gehandelt und gegen Art. 2 UWG verstossen. Der Gesuchsgegner sei weder an der Firma der Gesuchstellerin beteiligt, noch habe diese ihm das Recht zur Nutzung des Namens ‚KS Tools‘ eingeräumt. Der Gesuchsgegner habe zudem das Namensrecht der Gesuchstellerin verletzt (Art. 29 Abs. 2 ZGB).“

Der Gesuchsgegner argumentiert, die Gesuchstellerin habe der Schweizer Vertriebsgesellschaft die Verwendung des Namens „KS Tools “ ausdrücklich erlaubt. Er betreibe deren Infrastruktur und den Domainnamen in deren Auftrag.

Der Experte sieht die Verletzung eines Kennzeichenrechts nicht nachgewiesen. Der Gesuchsgegner bzw. Lucas Rieder sei weder ein unbeteiligter Dritter noch ein „Domainnamen-Pirat“, sondern Verwaltungsrat der Schweizer Vertriebsgesellschaft, die den Domainnamen rechtmässig benutzt hatte. Da keine Verletzung eines Kennzeichenrechts vorliegt und damit die Voraussetzungen für eine Ãœbertragung des Domainnamens nicht erfüllt sind, weist der Experte das Gesuch um Ãœbertragung des Domainnamens ab.

Bemerkungen

Die Übertragung des Domainnamens von der Schweizer Vertriebsgesellschaft auf das Einzelunternehmen während der Liquidation ist fragwürdig. Dem Experten ist jedoch zuzustimmen, dass ein WIPO-Verfahren das falsche Mittel zur Klärung dieser Frage ist, sondern dass diese allenfalls im Rahmen des Konkursverfahrens zu prüfen sei. Korrekterweise wäre der Domainname tatsächlich – zumindest nach erfolgter Liquidation – an das deutsche Mutterhaus zu übertragen. Spätestens dann erlischt die Berechtigung von Lucas Rieder in seiner Doppelfunktion als Verwaltungsrat und Einzelunternehmer, den Domainnamen zu besitzen. Die Gesuchstellerin hat das WIPO-Verfahren zu früh angestrebt.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0012, Entscheid vom 30. Oktober 2013.

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ihr-gesundheitscoach.ch: Kein Erfolg für Apothekervereinigung mit schwacher Marke

Die Gesuchstellerin TopPharm AG in Münchenstein ist eine Vereinigung von über 100 unabhängigen Apothekern in der Deutschschweiz mit über 1’400 Mitarbeitern. Auf Ihrer Webseite bietet sie unter dem Stichwort „Ihr Gesundheits-Coach“ ein Zufallsbild eines Apothekers oder einer Apothekerin aus einer TopPharm-Apotheke inklusive Link zu deren Webseite. Sie ist Inhaberin der am 9. Juni 2011 hinterlegten Wortmarke „Gesundheitscoach“.

Die Gesuchsgegnerin Master Training Group GmbH in Zug und ihre Inhaberin und Geschäftsführerin Perina Jitka unterstützen und beraten Unternehmen in Innovations-, Kommunikations- und Change-Prozessen. Zu Ihren Kunden gehörte auch die Gesuchstellerin (Verkaufsschulung).

Der Domainname ihr-gesundheitscoach.ch wurde am 18. September 2011 registriert. Unter dieser Adresse ist eine Microsite der Gesuchsgegnerin aufgeschaltet, auf der sie ihre Gesundheitscoaching-Dienste für Apothekerinnen und Apotheker anbietet.

ihr-gesundheitscoach.ch

Die Gesuchsgegnerin hat in eine telefonische Schlichtungsverhandlung eingewilligt, die unter der Leitung des Experten Daniel Kraus jedoch erfolglos verlief. Auch die von den Parteien gewünschte Sistierung des Verfahrens zur Führung weiterer Vergleichsgespräche führte zu keiner Lösung, so dass das Verfahren unter Bernhard F. Meyer weitergeführt wurde. Beide Parteien sind anwaltlich vertreten.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bringt vor, aufgrund ihrer Marke Anspruch auf den Domainnamen hat, der sich lediglich durch den Possessivpronomen-Zusatz „ihr-“ von der Marke unterscheidet. Es bestehe eine Gleichartigkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Die Gesuchsgegnerin habe sich erst durch die Zusammenarbeit für den Begriff „Gesundheitscoach“ zu interessieren begonnen und profitiere nun vom „vertrauenserweckenden“ Begriff bzw. ihrer Marke, womit die Gesuchsgegnerin auch unlauter handle.

Die Gesuchsgegnerin bestreitet die Gleichartigkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen, womit die ohnehin schwache Marke nicht zum Tragen komme und auch kein unlauterer Wettbewerb vorliege. Ausserdem habe ich die Gesuchstellerin seit dem Jahr 2011 vom Domainnamen gewusst, den sie seit der damaligen Ãœberarbeitung ihres Angebots verwendet habe. Durch das Zuwarten mit dem Geltendmachen einer Verletzung habe sie ihren Abwehranspruch verwirkt.

Der Experte lässt offen, ob eine Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen bestehe. Da sich die Geschäftsfelder beider Parteien hinsichtlich Dienstleistungs- und Produktangebot überschneide, seien sie als Mitbewerberinnen anzusehen und eine Verwechslungsgefahr könne „nicht ausgeschlossen werden“.

Hingegen sei die Kennzeichnungskraft der Marke tatsächlich schwach. Darauf hatte das IGE die Gesuchstellerin bereits bei der Eintragung der Marke hingewiesen. Ausserdem habe sich der Begriff als Beratungsberuf im Gesundheitswesen etabliert. Und gerade in spezialisierten Verkehrskreisen wie in medizinischen Fachbereichen werde sorgfältig auf Details geachtet, so dass selbst bei einem identischen Zeichen die Verwechslungsgefahr vermindert sei. Der Begriff habe sich auch nicht im Verkehr als Kennzeichen der Gesuchstellerin durchgesetzt. Der Schutzbereich sei also eng.

Weiter sei der Domainname zwar nach der Hinterlegung, jedoch noch vor der Eintragung der Marke ins Markenregister (am 19. Dezember 2011) registriert worden. Die Gesuchsgegnerin habe also keine Verletzung oder Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr mit der Marke der Gesuchstellerin beabsichtigt.

Schliesslich sei die Gesuchsgegnerin mindestens seit dem Jahr 2008 auf dem Gebiet des Gesundheitscoaching tätig und habe damit einen eigenen Anspruch auf den Begriff. Der Experte weist das Begehren der Gesuchstellerin ab.

Bemerkungen

Während ich mit dem Resultat einverstanden bin, finde ich die Begründung mehr als speziell.

Die Wortmarke „Gesundheitscoach“ ist nicht für Gesundheits- oder Apothekendienstleistungen eingetragen. Da der Begriff in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen beschreibend gewesen wäre, wurde er dafür entweder nicht beantragt oder aber vom Institut für Geistiges Eigentum abgelehnt. So sind geschützt: Seifen, Parfüms, Haarwasser, Zahnputzmittel, pharmazeutische Präparate, Babykost, Pflaster, Verbandsmittel, Desinfektionsmittel (alles für therapeutische und medizinische Zwecke), wissenschaftliche Wäge-, Mess-, Kontrollapparate und -instrumente, chirurgische, ärztliche Instrumente, orthopädische Artikel, Werbung, Detailhandelsdienstleistung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Unternehmensberatung, Büroarbeiten, Immobilienwesen sowie Durchführung von Qualitätskontrollen für Apotheken. Auf der TopPharm-Webseite richtet sich die Gesuchstellerin unter dem Titel „Ihr Gesundheits-Coach“ und dem Vorstellen von zufällig gewählten Apotheken-Teams an Endkunden der Apotheken (business to consumer), während sich das Angebot der Gesuchsgegnerin an Apotheker richtet (business to business), die ihre Seminare und Kurse zur Optimierung ihrer Kundenberatung und der Apothekenführung besuchen. Auch eine Verwechslungsgefahr kann damit ausgeschlossen werden. Damit überschneiden sich die Geschäftsfelder der Parteien meiner Meinung nach nicht und der Domainname könnte problemlos neben der (schwachen) Marke bestehen. Die Prüfung wäre hier abgeschlossen gewesen.

Damit wäre auch die fremd anmutende Herleitung mit der Registrierung des Domainnamens nach der Hinterlegung aber vor der Eintragung nicht nötig gewesen. Denn eigentlich gilt für den Markenschutz das Hinterlegungsdatum, nicht das Eintragungsdatum. In anderen Worten: In der Schweiz ist das Kennzeichen bereits ab der Hinterlegung (also kurz nach der Anmeldung der Marke, nachdem die formellen Voraussetzungen geprüft wurden) geschützt, vorliegend der 9. Juni 2011. Der erst Monate später registrierte Domainname müsste damit gegenüber der Marke zurückstehen. Es ist nicht ersichtlich, wieso dies im vorliegenden Verfahren anders sein soll und anstelle des Hinterlegungsdatum das Eintragungsdatum relevant sein soll. Bei diesem Punkt ist dem Experten also ganz klar zu widersprechen. Seine Ansicht würde Domaingrabbern Tür und Tor öffnen, die damit ohne Gefahr und rechtliche Folgen den neu hinterlegten Marken entsprechende Domainnamen registrieren könnten, falls der Hinterleger die Registrierung bisher versäumt hat.

Daneben verwendet TopPharm auf ihrer Webseite den Begriff – wie oben bemerkt – mit Bindestrich. Angesichts der schwachen Marke mit ihrem geringen Schutzbereich fragt es sich, ob hier aufgrund der abweichenden Schreibweise überhaupt ein markenmässiger Gebrauch stattfindet.

Fraglich ist ausserdem, weshalb die Gesuchstellerin nicht auch oder eher gegen die übrigen Inhaber der .ch-Domainnamen vorgeht, welche den Begriff „Gesundheitscoach“ enthalten. Denn auch „meingesundheitscoach.ch“ und „deingesundheitscoach.ch“ gehören nicht der Gesuchstellerin (aber auch nicht der Gesuchsgegnerin). Und wieso hat die Gesuchstellerin selbst nicht „ihrgesundheitscoach.ch“ und „ihr-gesundheits-coach.ch“ registriert, um weiteren möglichen Verletzungen ihrer Marke vorzubeugen?

Und noch eine Randbemerkung: Dies ist das erste im Verfahrensjahr 2013 abgelehnte WIPO-Verfahren.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0010, Entscheid vom 26. September 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/ihr-gesundheitscoach.ch

goldscout24.ch: Ein Goldhändler auf Abwegen

Die Gesuchstellerin, die Scout24-Gruppe, betreibt in ganz Europa diverse bekannte Webseiten zur Vermittlung von u.a. Autos, Immobilien/Wohnungen, Stellen oder Bekanntschaften. Diese Internetauftritte sind mit dem “scout24″-Zusatz präsent, der auch als Schweizer Marken (z.B. Friend Scout, im 2008 hinterlegt) sowie als europäische Marken mit Schutzausdehnung auf die Schweiz geschützt ist. Konkret treten die Scout24 Holding GmbH, München, und die Scout24 International Management AG, Baar, auf.

Der Gesuchsgegner ist das Einzelunternehmen goldboerse Pierre Seker in Arisdorf. Herr Seker ist mit seiner Goldboerse.ch schon seit über 15 Jahren tätig und schnitt in einem Kassensturz-Vergleich bezüglich Goldankauf als Testsieger ab.

Der Domainname goldscout24.ch wurde am 17. November 2008 registriert. Besucher werden bzw. wurden auf die Webseite des Gesuchsgegners umgeleitet.

goldscout24.ch

Der Gesuchsgegner hat nicht geantwortet. Der Experte Lorenz Ehrler stützt sich daher auf die Aussagen und insbesondere die umfangreichen Beweismittel der Gesuchstellerin. Seine Ausführungen lesen sich wie ein Lehrbuchbeispiel zum Markenrecht.

Erwägungen und Entscheid

Die Ähnlichkeit zwischen der Marke Scout24 der Gesuchstellerin und dem fraglichen Domainnamen ist unbestritten, da die Marke in diesem enthalten ist und dem verbleibenden Zusatz „gold“ eine bloss beschreibende Funktion zukommt, die keine Unterscheidungskraft zu schaffen vermag. Die von der Gesuchstellerin eingereichten Resultate einer Meinungsumfrage belegen den hohen Bekanntheitsgrad der Hautpmarke und der Submarken AutoScout24, ImmoScout24 und JobScout24, was den Schutzumfang als berühmte Marke nochmals erhöht. Aufgrund seiner Struktur würde der Domainname gut in diese Reihe passen.

Aber auch ohne die Annahme der Berühmtheit der Marke besteht eine Gleichartigkeit der beanspruchten Dienstleistungen; zwar nicht für den Ankauf, aber für den Verkauf von Altgold und Edelmetallen. So umfasst die Marke der Gesuchstellerin die „Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräusserung von Waren“, wovon auch der Goldverkauf auf Kommissionsbasis erfasst ist.

Aufgrund der eindeutigen Markenverletzung und dem Fehlen von relevanten Verteidigungsgründen beschliesst der Experte die Übertragung des Domainnamens auf die Gesuchstellerin.

Bemerkungen

Gegen diesen Entscheid ist überhaupt nichts einzuwenden – im Gegenteil. Bei solch klaren Markenverletzungen wären auch weniger detailliertere Begründungen oder abgekürzte Verfahren denkbar. Zurzeit sind noch sehr viele Domainnamen mit dem Zusatz „scout24.ch“ von Dritten registriert. Ob sie alle davon ausgehen, dass es sich dabei um einen erlaubten Zusatz handelt, der den eigenen Namen aufwertet, wie es in den 90er-Jahren mit „Mc…“ von McDonald’s der Fall war (McBaby, McOptik)? Hier hat die Gesuchstellerin noch einiges vor sich – die WIPO-Schlichtungsverfahren für die nächsten Jahre sind gesichert!

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0011, Entscheid vom 3. September 2013.

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uid-register.ch: Ãœberraschender Sieg des EDI gegen Registerhai – ein politischer Entscheid?

Der Gesuchsteller, das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), teilt durch sein Bundesamt für Statistik (BFS) Unternehmens-Identifikationsnummern (UID) zu und betreibt das UID-Register. Diese Nummern ermöglichen es den Unternehmen, sich bei allen Behördenkontakten zu identifizieren, was die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung einfacher und effizienter macht. Der Eintrag im offiziellen UID-Register des BFS ist kostenlos. Das EDI verfügt weder über eine Marke, Firma oder ein sonstiges Kennzeichenrecht am Begriff „UID“.

Der Gesuchsgegner ist gemäss eigenen Angaben das „Schweizer Zentralregister der Unternehmens-Identifikationen“ in Bern. Diese „Vereinigung“ ist jedoch weder im Handelsregister noch im Telefonbuch eingetragen – auch nicht in der eigenen Datenbank – und verfügt über kein rechtsgültiges Impressum. Es muss davon ausgegangen werden, dass es von Sandro Müller mit einer Postfachadresse in Glattbrugg betrieben wird, der im SWITCH-Eintrag als Kontaktperson genannt wird und der den Gesuchsgegner vertritt. Herr Müller ist das, was man einen Registerhai nennen würde. Er verschickte zahlreichen Unternehmen Rechnungen über 55 Franken für die „Qualifikation“ im vermeintlich offiziellen UID-Register. Das BFS warnte in einer Medienmitteilung vor seinen irreführenden Machenschaften und beschloss, rechtliche Schritte einzuleiten.

Der Domainname uid-register.ch wurde am 22. Juli 2011 registriert. Er führt zur Webseite des Gesuchsgegners, die gemäss den dortigen Angaben „mehrere 1’000 Besucher pro Tag“ aufweist. Wie viele davon irrtümlich hier landen, lässt sich nicht herausfinden.

uid-register.ch

Nach der erfolglosen Schlichtungsverhandlung wurde das Verfahren fortgesetzt. Ob zuvor der Bund den Kontakt mit dem Gesuchsgegner gesucht hatte, ist unklar.

Erwägungen und Entscheid

Gemäss der Zusammenfassung des Experten Tobias Zuberbühler macht der Bund geltend:

„Der Name ‚UID-Register‘ wie auch ‚UID‘ selbst gehören nach Sinn und Zweck des Bundesgesetzes über die Unternehmens-Identifikationsnummer (UIDG) der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dürfen nicht unrechtmässig von Dritten verwendet werden. Die Verwendung der bundesgesetzlich der Eidgenossenschaft zugeordneten Begriffe ‚UID‘ bzw. ‚UID-Register‘ durch den Gesuchsgegner stellt eine unrechtmässige Verwendung dar, die gegen Treu und Glauben verstösst und die Gefahr von Verwechslungen begründet. In der Tat haben sich zahlreiche Unternehmen und Personen an das BFS, die ESTV und/oder an den Konsumentenschutz gerichtet, da das Schreiben des Gesuchsgegners bei ihnen grosse Unsicherheit ausgelöst hat. Der streitige Domainname ist somit an den gesetzlich bestimmten und rechtmässigen Betreiber des UID-Registers, das BFS, zu übertragen.“

Der Gesuchsgegner beruft sich darauf, dass die Buchstaben „uid“ für verschiedene Abkürzungen steht und der Wortlaut „uid-register“ nicht geschützt sei. Zudem bestehe keine Verwechslungsgefahr, da sich das Portal des Gesuchsgegners wesentlich von allen Internetseiten des BFS unterscheide.

Tatsächlich verfügt der Bund weder über einen Unternehmensnamen oder eine Marke, welche die Buchstabenfolge „UID“ enthält, und er heisst auch nicht so. Er verfügt damit über kein ausdrückliches Kennzeichenrecht. Der Experte füllt diese Lücke, indem er einen Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2000 zitiert (berneroberland.ch). In diesem schreibt das Bundesgericht Domainnamen eine Kennzeichnungsfunktion (jedoch kein Kennzeichenrecht) zu. Er folgert, dass der Bund „als Inhaber des Domainnamens uid.ch schweizerische Kennzeichenrechte nach den Bestimmungen des UWG geltend machen“ kann.

Der Experte ist der Auffassung, dass die Aufmachung der Webseite und die Geschäftsbezeichnung des Gesuchsgegners als „Schweizer Zentralregister der Unternehmens-Identifikationsnummern“ darauf abziele, sich als offizielles UID-Register des Bundes auszugeben. Es handle sich hier um eine „allgemein bekannte ‚Masche‘ (…), um leichtgläubigen Konsumenten Geld aus der Tasche zu ziehen für einen Dienst, den sie auch gratis haben könnten“. Viele Besucher liessen sich denn auch bereits davon täuschen. Der Experte sieht darin ein unlauteres Verhalten nach den Art. 2 und 3 Abs. 1 lit. b UWG. Da der Gesuchsgegner keine schlüssigen Verteidigungsgründe vorgebracht hat, um die Darstellungen des Gesuchstellers zu widerlegen oder ein eigenes legitimes Interesse zu begründen, beschliesst er die Ãœbertragung des Domainnamens an den Gesuchsteller.

Bemerkungen

Rein rechtlich gesehen ist der vorliegende Entscheid zweifelhaft.

1. Gemäss Ziffer 24 lit. c des Verfahrensreglements für Streitbeilegungsverfahren für .ch und .li Domain-Namen gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht. Wie angedeutet fehlt vorliegend jedoch ein eigentliches Kennzeichenrecht, da weder ein Name, eine Firma oder eine Marke existiert. Dass der Besitz eines Domainnamens derartige Abwehrrechte verleiht, ist angesichts von heute 1.8 Millionen .ch-Domainnamen, die sich alle zwangsläufig sehr ähnlich sind, abzulehnen. Dies würde auch Sinn und Zweck eines öffentlichen Markenregisters und von Markenanmeldungen untergraben. Dass hier einzig wegen eines Domainnamens ein Kennzeichenrecht bejaht wird, während in einem anderen WIPO-Verfahren kein Kennzeichen anerkannt wurde, obwohl beim Streit unter Hundezüchtern der Gesuchsteller einen FCI-Zwingernamen eingetragen hatte und die missbräuchliche Registrierung offensichtlicher war als im vorliegenden Fall, ist nicht nachvollziehbar und hätte eine eingehendere Begründung als die vorliegende nötig gemacht.

2. Kann sich das Bundesamt auf das UWG berufen? Der Experte verwies bezüglich der Aktivlegitimation bzw. Klageberechtigung des Bundes richtigerweise auf Art. 10 Abs. 3 lit. b UWG. Dann hätte sich der Bund aber eigentlich durch das SECO (WBF) vertreten lassen müssen (Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über das Klagerecht des Bundes im Rahmen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb), wobei ausnahmsweise auch andere Amtsstellen im Einvernehmen mit dem SECO als Partei auftreten können. Wir gehen davon aus, dass dies hier erfolgte, auch wenn es nicht erwähnt wird.

3. Auch die Verwechslungsgefahr ist meines Erachtens nicht so stark, wie der Bund hier glauben lässt. Es ist allgemein bekannt, dass Webseiten des Bundes und von Bundesstellen mit dem Zusatz „admin.ch“ zu finden sind, also bspw. das BFS unter www.bfs.admin.ch. Dank dem Zusatz sind die Webseiten klar dem Bund zuordbar, oder umgekehrt: Ohne Zusatz ist davon auszugehen, dass es sich nicht um ein Angebot der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt. Tatsächlich werden auch Besucher von www.uid.ch auf eine andere Internetadresse umgeleitet, welche den Zusatz „admin.ch“ enthält. Dort ist zu lesen, dass sich das UID-Register unter www.uid.admin.ch befindet, also wiederum eine Adresse mit dem admin.ch-Zusatz.

4. Dass sich Konsumenten wegen dem Gesuchsgegner an den Konsumentenschutz wenden, ist unwahrscheinlich. Unternehmens-Identifikationsnummern werden ausschliesslich an Unternehmen vergeben. Die über die Plattform des Gesuchsgegners gefundenen Informationen scheinen soweit korrekt, womit eine suchende Privatperson – ein Konsument – das findet, wonach sie sucht. Bei der allfälligen Täuschung eines Unternehmens handelt es sich nicht um einen Fall für den Konsumentenschutz.

5. Der Experte erkennt die Täuschungsgefahr im Wort „Schweizer“ im Namen der Vereinigung. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Kennzeichnung, die den Bundesbehörden vorbehalten sind, sondern klassifiziert die geographische Ausbreitung des Angebots. Sonst würden sich automatisch Vereinigungen oder Verbände wie der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV, der Schweizer Fleisch-Fachverband SFF, der Schweizer Hotelier-Verein SHV und viele weitere mit ihren Namen in einem rechtlichen Graubereich befinden. Unvorstellbar.

6. Die WIPO ist sicher nicht die richtige Behörde, um das zwielichte Geschäftsgebahren des Registerhais zu beurteilen, das auch ich nicht gutheisse – sie prüft in ihren Verfahren ja nicht einmal die Frage der Verjährung oder Verwirkung. Das EDI hätte die Legalität dieses inoffiziellen UID-Registers durch ein staatliches Gericht überprüfen lassen müssen, nämlich durch das Handelsgericht des Kantons Bern (Art. 5 Abs. 1 lit. d ZPO).

7. Ich bin überrascht, dass das Bundesamt das WIPO-Verfahren angestrebt hat, ohne über irgendwelche (eingetragenen) Kennzeichenrechte zu verfügen. Meiner Meinung nach war es auch sonst erstaunlich unvorbereitet. Denn der beklagte Domainname uid-register.ch stellt nur einer von vielen Domainnamen dar, unter denen das Portal des Gesuchsgegners erreichbar ist. Die weiteren sind:

  • uidregister.ch
  • chuid.ch
  • uid-check.ch
  • uidcheck.ch
  • uid-profil.ch
  • uidprofil.ch
  • uid-schweiz.ch
  • uidschweiz.ch
  • uid-search.ch
  • uidsearch.ch
  • uid-suche.ch
  • uidsuche.ch
  • uid24.ch

Dass diese nicht ebenfalls Gegenstand des Verfahrens sind, kann nur damit erklärt werden, dass das EDI dies weder gewusst noch sich um diese Informationen bemüht hatte. Schockierend.

Fazit: Meines Erachtens hätte der Bund als Gesuchsteller rein rechtlich mit seinem Gesuch unterliegen müssen. Es scheint sich vorliegend um einen politischen Entscheid zu handeln, zu dem die nötige umfassende Begründung fehlt.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0006, Entscheid vom 21. August 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/uid-register.ch

whselfinvest.ch: Börsen- und Immobilienhändler auf Abwegen

Die Gesuchstellerin WH SelfInvest S.A. ist ein im Jahr 1998 in Luxemburg gegründetes Unternehmen für Wertschriftenhandel und Vermögensverwaltung mit Niederlassungen in Belgien, Frankreich, Holland und Deutschland. Sie verfügt über eine Wort-Bild-Marke mit Datumspriorität vom 4. Februar 2011 und mit internationalem Schutz auch in der Schweiz. Eine frühere Marke, die sie im Jahr 1999 hinterlegt hatte, wurde nicht verlängert und lief am 28. Mai 2009 aus.

Der Gesuchsgegner Gert Hubatka aus Frauenfeld, eigentlich Gerhard Othmar Hubatka, ist ein langjähriger Börsen- und Immobilienhändler mit mehreren eigenen Unternehmen in der Schweiz und in Deutschland. Er hatte einen Vertreter der Gesuchstellerin auf einer Messe kennengelernt und diskutierte mit ihm in Folge einen allfälligen Markteintritt der Gesuchstellerin in der Schweiz unter seiner Leitung. Wenig später registrierte er den Domainnamen auf seinen Namen.

Der Domainname whselfinvest.ch wurde am 18. Februar 2008 registriert. Besucher werden automatisch zur Webseite trade-futures.de weitergeleitet (Bild), auf der wiederum der Gesuchsgegner – zusammen mit zwei Börsenhändlern – interessierten Leuten den Börsenhandel dank Lernvideo, Intensivseminar und Live-Zuschauen (natürlich alles gegen Bezahlung) näher bringen will. Primär geht es um den Handel mit „Futures“, eine Art von börsengehandelten Termingeschäften. trade-futures.de ist an derselben Adresse in Deutschland domiziliert wie seine Immobiliengesellschaft.

whselfinvest.ch

Ein knappes Jahr nach dem ersten Kennenlernen informierte die Gesuchstellerin den Gesuchsgegner, dass sie momentan nicht mehr am Schweizer Projekt interessiert sei. Vier Jahre später – der Gesuchsgegner besitzt den Domainnamen noch immer – fordert sie ihn auf, diesen zu übertragen, und bietet ihm dafür eine Entschädigung von 1’600 Euro, welche seine rund um den Domainnamen entstandenen Kosten bei weitem decken.

Der Gesuchsgegner lehnte die Ãœbertragung jedoch ab und verlangte mit Verweis auf die damals eingeleiteten Vertragsverhandlungen einen Betrag von 10’000 Euro. Mit einer Zahlung von 1’600 Euro lasse er sich nicht abspeisen.

Die Gesuchstellerin leitet in der Folge das WIPO-Schiedsgerichtsverfahren ein. Die Schlichtungsverhandlung wird vom Experten Michael Treis erfolglos durchgeführt. Nun übernimmt die Expertin Theda Köniz Horowicz.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin verweist auf Ihre Markenrechte und dass der Gesuchsgegner den identischen Domainnamen ohne ihre Einwilligung verwendet. Er profitiere dabei von ihrem guten Ruf und der Irreführung der Besucher, die fälschlicherweise eine Verbindung mit ihr annehmen. Damit sei sein Verhalten auch lauterkeitsrechtlich bedenklich.

Der von der renomierten Wirtschaftskanzlei Homburger vertretene Gesuchsgegner argumentiert, die bei der Registrierung geltende Marke sei mittlerweile ausgelaufen und habe wegen Nichtbenutzung [in der Schweiz, Anm. des Verfassers] sowieso keinen Schutz genossen. Sein Registrieren des Domainnamens habe im Vertrauen auf die zukünftige Geschäftsbeziehung stattgefunden und sei damit nicht missbräuchlich.

Die Expertin lässt seine Argumente nicht gelten. Die internationale Marke sei bei der Registrierung des Domainnamens  gültig gewesen und auch jetzt bestehe ein Markenschutz. Die Marke werde in verschiedenen Ländern benutzt und gelte auch in der Schweiz. Der Gesuchsgegner habe auch keinen Antrag auf Löschung der Marke wegen Nichtbenutzung gestellt. Die Expertin lässt die Frage der Lücke im Markenschutz offen, da die spontane Registrierung des Domainnamens ohne Rücksprache sowie das Weiterleitung auf die eigene Webseite für quasi identische Dienstleistungen auch die Bestimmungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verletzen. Sie beschliesst die Übertragung des Domainnamens an die Gesuchstellerin.

Bemerkungen

Dem Entscheid ist vollkommen beizupflichten. Obwohl es verständlich ist, dass der ansonsten seriöse und gut situierte und etablierte Geschäftsmann den beklagten Domainnamen im Verlauf der Vertragsverhandlungen registrierte, um möglichen Dritten zuvorzukommen: Es berechtigt nicht, damit die Gesuchstellerin zur Gründung einer Schweizer Filiale oder eine Art Reuegeld zu zwingen. Ihm muss klar gewesen sein, dass er damit fremde Immaterialgüterrechte verletzt und den Domainnamen beim Nichtzustandekommen des Vertrags wieder freigeben muss. Korrekterweise hätte der Domainname von Anfang an auf den Namen der Gesuchstellerin eingetragen werden sollen.

Das WIPO-Schlichtungsverfahren um Domainnamen ist nicht der richtige Ort, um einen allfälligen vorvertraglichen Regressanspruch bezüglich seiner Kosten im Vertrauen auf eine spätere Zusammenarbeit geltend zu machen (Stichwort: Culpa in Contrahendo). Dies scheint er auch gar nicht zu versuchen. Denn er verlangt nicht einen Ersatz seiner effektiven Kosten wie beispielsweise Reisekosten oder die jährlichen Registrierungsgebühren für den Domainnamen, sondern den scheinbar willkürlich festgelegten Betrag von 10’000 Euro.

In der Schweiz herrscht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Jedermann kann frei entscheiden, mit jemandem eine Vertragsbeziehung einzugehen oder nicht. Dass geplante Geschäftsbeziehungen nicht zustande kommen, gehört zum Alltag. Beispielsweise werden regelmässig mehrere Offerten für dieselbe Leistung eingeholt, um sich danach für eine zu entscheiden. Allen Unternehmen entstehen dabei Kosten für das Erstellen der Offerte. Diese gehören jedoch zum Unternehmerrisiko und können nicht geltend gemacht werden. So auch im vorliegenden Fall.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0004, Entscheid vom 18. Juli 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/whselfinvest.ch

vitalebarberiscanonico.ch: Stoffhersteller wehrt sich gegen Massanzugschneider

Die Gesuchstellerin Vitale Barberis Canonico SpA ist ein italienischer Stoffhersteller aus der Region zwischen Mailand und der Schweizer Grenze, der seit 1663 feinste Stoffe für massgeschneiderte Anzüge anbietet. Derzeit werden jährlich rund 7 Mio. Meter Stoff hergestellt, die für einen Umsatz von fast 100 Millionen Euro sorgen. Sie verfügt über internationale Marken, die älteste vom 6. Januar 1995, die auch Schutzwirkung in der Schweiz entfalten.

Der Gesuchsgegner, die CSI Group GmbH in Zürich, vertreten durch ihren Geschäftsführer Christian Peter Köppel, bietet Mass-Kleider für Damen und Herren an. Diese stellt er unter anderem aus Stoffen der Gesuchstellerin her. Er nahm im Jahr 2010 Kontakt mit der Gesuchstellerin auf, um ein mögliches gemeinsames Projekt zu besprechen, das er später jedoch nicht mehr weiter verfolgen wollte.

Der Domainname vitalebarberiscanonico.ch wurde am 3. August 2012 registriert. Unter dieser Adresse ist keine Webseite aufgeschaltet, weshalb hier die Webseite der Gesuchsgegnerin angezeigt wird (Bild).

csig.ch (Gesuchsgegnerin)

Auf das Abmahnschreiben der Gesuchstellerin hat der Gesuchsgegner nicht reagiert. In diesem hatte sie ihn aufgefordert, den Domainnamen an sie zu übertragen und ihre Marke nicht mehr zu gebrauchen, um seine Massanzüge anzupreisen.

Der Gesuchsgegner hat weder eine Gesuchserwiderung eingereicht noch an der Schlichtungsverhandlung teilgenommen.

Erwägungen und Entscheid

Der Domainname ist identisch mit dem Firmennamen und der Marke der Gesuchstellerin, während der Gesuchsgegner weder über Kennzeichenrechte am Domainnamen noch über eine Lizenz oder eine andere Genehmigung der Gesuchstellerin verfügt. Für den Experten Daniel Kraus steht fest, dass der Gesuchsgegner den Domainnamen mit dem Ziel registriert hatte, um vom Ansehen und der Bekanntheit der Marke der Gesuchstellerin zu profitieren und um die Gesuchstellerin davon abzuhalten, den Domainnamen selbst zu registrieren und zu nutzen. Er beschliesst die Übertragung des Domainnamens auf die Gesuchstellerin.

Bemerkungen

Am Entscheid des Experten ist nichts auszusetzen. Er macht sich darin die Mühe, die Kennzeichnungsfunktion von Domainnamen, Markenrecht und unlauteren Wettbewerb klar darzulegen.

Dass ein Schweizer Gesuchsgegner keine Gesuchserwiderung einreicht, kommt nicht häufig vor. Er wird sich bewusst gewesen sein, dass ihm der Domainname tatsächlich nicht zusteht, hat dann aber trotzdem eine einfache Übertragung ohne Expertenentscheid verhindert. Ob er sich bewusst ist, dass damit auch andere Stofflieferanten und potenzielle Kunden von seinem Geschäftsgebaren lesen und sich gegen Geschäfte mit ihm entscheiden, während sein Name bei der frühzeitigen Einwilligung in die Übertragung nicht im WIPO-Entscheid-Archiv aufgetaucht wäre?

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0005, Entscheid vom 2. Juli 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/vitalebarberiscanonico.ch

mionetto.ch: Verhinderter Vertriebspartner ohne Argumente

Der Gesuchsteller Mionetto S.p.A. ist ein italienischer Hersteller von Schaumwein; Frizzante und Spumante. Das im Jahr 1887 gegründete Unternehmen wurde im Mai 2008 von der deutschen Henkell & Co. Sektkellerei KG übernommen. Der Gesuchsteller verfügt über keine Schweizer Marke und hat erst am 26. Dezember 2012 sowohl eine EU-Wort- als auch eine Bildmarke angemeldet, die jedoch noch nicht ins Markenregister eingetragen wurden. Er besitzt jedoch eine italienische Marke mit internationaler Wirkung – auch in der Schweiz – aus dem Jahr 1994.

Der Gesuchsgegner Walter Beratungs AG bzw. ihr einziger Verwaltungsrat Christoph Walter in Zürich erbringt gemäss dem Zürcher Handelsregister Beratungsdienstleistungen im kaufmännischen und finanziellen Bereich sowie Ausübung von Treuhandfunktionen. Auf seiner Webseite fehlen weitere Informationen; hier befindet sich lediglich eine Visitenkarte.

Der Domainname mionetto.ch wurde am 2. Juni 2010 registriert. Aufgeschaltet ist eine einzelne Seite, die das Logo des Gesuchstellers sowie eine Adresse in Zug zeigt.

mionetto.ch

Der Gesuchsgegner hat seine Erwiderung mit sechstägiger Verspätung eingereicht, weshalb sie der Experte Daniel Kraus nicht berücksichtigt hat.

Erwägungen und Entscheid

Der Gesuchsteller sieht sein Markenrecht verletzt und sieht eine grosse Verwechslungsgefahr und Täuschung von Besuchern durch die Verwendung seiner Marke inkl. des geschützten Schriftzugs. Er hält fest, dass dem Gesuchsgegner weder eine Lizenz noch eine sonstige Erlaubnis zur Verwendung seiner Marke erteilt wurde, womit dieser auch gegen die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb verstösst.

Der Gesuchsgegner hatte im Jahr 1993 die Mionetto Distribuzione SA gegründet und war ihr einziger Verwaltungsrat. Die Aktiengesellschaft sei zu Beginn eine der grössten Vertreiber von Mionetto-Prosecco in der Schweiz gewesen. Ihr gehörten sowohl eine eigene Schweizer Marke Mionetto als auch der Domainnamen mionetto.ch. Gemäss seinen Ausführungen wollte der Gesuchsteller im Jahr 1997 diesen Markeneintrag aberkennen lassen und die Gesellschaft übernehmen, was jedoch erfolglos geblieben sei. Im Jahr 2009 ging die Gesellschaft konkurs. Im Rahmen der Liquidation habe die neue Aktiengesellschaft des Gesuchsgegners den Domainnamen seiner alten Aktiengesellschaft für 5’000 Franken abgekauft.

Neben diesen interessanten Ausführungen nennt er jedoch keine Argumente, weshalb ihm der Domainname heute noch zustehen soll, was ihm also auch bei rechtzeitiger Eingabe nichts genützt hätte. Sowohl seine Aktiengesellschaft als auch die Marke existieren nicht mehr. Eine Einwilligung des Gesuchstellers besteht nicht. Somit sind durch die Verwendung des Domainnamens und des Schriftzugs unrechtmässig und verletzen sowohl Marken- als auch Wettbewerbsrecht. Der Experte beschliesst die Übertragung des Domainnamens auf den Gesuchsteller.

Bemerkungen

Obwohl ich es verstehe, dass der Gesuchsgegner trotz Scheitern seiner Vertriebsgesellschaft am Domainnamen festhalten wollte, verkennt er eins: Beim Begriff „Mionetto“ handelte es sich seit jeher um geistiges Eigentum des Gesuchstellers. Dieser hat schon früh gezeigt, dass er dessen Gebrauch (Markenregistrierung, Unternehmensname) durch den Gesuchsgegner missbilligt.

Ob sich der Gesuchsgegner schon vor seiner Firmengründung vergeblich darum bemüht hatte, ein offizieller Vertriebspartner des Gesuchstellers in der Schweiz zu werden, ob er ihn später dank seiner Marke und Firma dazu drängen wollte, oder ob er all dies ohne direkte Kontaktaufnahme mit dem Gesuchsteller in Gang setzte, ist nicht nachvollziehbar. Nach der Aberkennung der Marke und dem Konkurs der Vertriebsgesellschaft geht mit dem vorliegenden WIPO-Entscheid jedenfalls der letzte Akt rund um die Mionetto Distribuzione SA zu Ende.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0003, Entscheid vom 10. April 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/mionetto.ch

honeywell.ch: Konzern will Domainname erst, als ein anderer ihn registriert

Die Gesuchstellerin Honeywell International Inc. ist ein internationaler Konzern mit Schweizer Wurzeln und Sitz in Morristown, New Jersey, USA. Honeywell ist in die vier Bereiche Luftfahrt- und Raumfahrt (Flugzeugteile, Triebwerke etc.), Spezialchemikalien (Chemikalien für pharmazeutische Betriebe, Spezialfolien), Transportsysteme (Fahrzeugelektronik) sowie Automatisierungs- und Steuerungstechnik (Haustechnik- und Klimageräte) unterteilt. Das Unternehmen verfügt über mehrere Schweizer Niederlassungen sowie über drei Wortmarken, von denen die älteste im Jahr 1985 hinterlegt wurde.

Der Gesuchsgegner Reinhard Herrmann bzw. DomDoo Domainholding aus Abidjan, Elfenbeinküste, ist ein professioneller Domainnamenhändler. Er hat zahlreiche Domainnamen registriert, von denen viele Kennzeichenrechte Dritter verletzen. Interessanterweise versucht DomDoo nicht einmal, dies zu verbergen, sondern führt viele dieser Domainnamen in einem Blog auf, in dem sie die betroffenen Unternehmen kurz vorstellt.

Der Domainname honeywell.ch wurde am 24. März 2012 registriert. Er führt zu einer Parking-Webseite mit bezahlten Links, auf der er für USD 1’599.— bzw. EUR 1’199.— zum Verkauf angeboten wird.

honeywell.ch

Der Gesuchsgegner reicht keine Erwiderung ein.

Erwägungen und Entscheid

Die Expertin Theda Köniz Horowicz macht kurzen Prozess. Aufgrund der identischen, älteren Marken der Gesuchstellerin und für sie ausreichenden Hinweisen einer Wettbewerbsverletzung (die Links auf der Parking-Webseite bieten ähnliche Dienstleistungen an wie die Gesuchstellerin sowie das Verkaufsangebot) entscheidet sie auf Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Es verwundert doch sehr, dass ein weltweit tätiger Konzern seinen Namen zwar mit mehreren Schweizer Marken schützt, aber bis ins Jahr 2012 nicht auch als Schweizer Domainname besitzt hat, und diesen erst haben will, nachdem ihn ein anderer registriert hatte. Dies ist entweder ein Fall von sehr schlechter Beratung in Sachen Domainnamen, oder von „am falschen Ort gespart“. Mit dem Geld, das die Gesuchstellerin für das WIPO-Verfahren ausgeben musste, hätte sie die Jahresgebühren während über 100 Jahren bezahlen können.

Auch wenn ich das Verhalten von Domainhändlern missbillige: Bei der Nichtregistrierung eines Domainnamens selbst rund 15-20 Jahre nach dem Aufkommen des Domainnamensystems in der Schweiz stellt sich mir trotzdem immer die Frage, ob das Unternehmen durch diesen offensichtlichen Verzicht auf den Domainnamen seinen Anspruch verlieren müsste. Im WIPO-Verfahren wird diese Thematik jedoch – wie auch die Frage der Verjährung eines Anspruchs nach langer Duldung der Registrierung durch einen Dritten – nicht geprüft. Ich warte bisher leider vergeblich darauf, dass ein Gesuchsgegner dieses Argument zuerst hier und später in einem staatlichen Gerichtsverfahren geltend macht.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0002, Entscheid vom 8. April 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/honeywell.ch