honeywell.ch: Konzern will Domainname erst, als ein anderer ihn registriert

Die Gesuchstellerin Honeywell International Inc. ist ein internationaler Konzern mit Schweizer Wurzeln und Sitz in Morristown, New Jersey, USA. Honeywell ist in die vier Bereiche Luftfahrt- und Raumfahrt (Flugzeugteile, Triebwerke etc.), Spezialchemikalien (Chemikalien für pharmazeutische Betriebe, Spezialfolien), Transportsysteme (Fahrzeugelektronik) sowie Automatisierungs- und Steuerungstechnik (Haustechnik- und Klimageräte) unterteilt. Das Unternehmen verfügt über mehrere Schweizer Niederlassungen sowie über drei Wortmarken, von denen die älteste im Jahr 1985 hinterlegt wurde.

Der Gesuchsgegner Reinhard Herrmann bzw. DomDoo Domainholding aus Abidjan, Elfenbeinküste, ist ein professioneller Domainnamenhändler. Er hat zahlreiche Domainnamen registriert, von denen viele Kennzeichenrechte Dritter verletzen. Interessanterweise versucht DomDoo nicht einmal, dies zu verbergen, sondern führt viele dieser Domainnamen in einem Blog auf, in dem sie die betroffenen Unternehmen kurz vorstellt.

Der Domainname honeywell.ch wurde am 24. März 2012 registriert. Er fĂĽhrt zu einer Parking-Webseite mit bezahlten Links, auf der er fĂĽr USD 1’599.— bzw. EUR 1’199.— zum Verkauf angeboten wird.

honeywell.ch

Der Gesuchsgegner reicht keine Erwiderung ein.

Erwägungen und Entscheid

Die Expertin Theda Köniz Horowicz macht kurzen Prozess. Aufgrund der identischen, älteren Marken der Gesuchstellerin und für sie ausreichenden Hinweisen einer Wettbewerbsverletzung (die Links auf der Parking-Webseite bieten ähnliche Dienstleistungen an wie die Gesuchstellerin sowie das Verkaufsangebot) entscheidet sie auf Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Es verwundert doch sehr, dass ein weltweit tätiger Konzern seinen Namen zwar mit mehreren Schweizer Marken schĂĽtzt, aber bis ins Jahr 2012 nicht auch als Schweizer Domainname besitzt hat, und diesen erst haben will, nachdem ihn ein anderer registriert hatte. Dies ist entweder ein Fall von sehr schlechter Beratung in Sachen Domainnamen, oder von „am falschen Ort gespart“. Mit dem Geld, das die Gesuchstellerin fĂĽr das WIPO-Verfahren ausgeben musste, hätte sie die JahresgebĂĽhren während ĂĽber 100 Jahren bezahlen können.

Auch wenn ich das Verhalten von Domainhändlern missbillige: Bei der Nichtregistrierung eines Domainnamens selbst rund 15-20 Jahre nach dem Aufkommen des Domainnamensystems in der Schweiz stellt sich mir trotzdem immer die Frage, ob das Unternehmen durch diesen offensichtlichen Verzicht auf den Domainnamen seinen Anspruch verlieren müsste. Im WIPO-Verfahren wird diese Thematik jedoch – wie auch die Frage der Verjährung eines Anspruchs nach langer Duldung der Registrierung durch einen Dritten – nicht geprüft. Ich warte bisher leider vergeblich darauf, dass ein Gesuchsgegner dieses Argument zuerst hier und später in einem staatlichen Gerichtsverfahren geltend macht.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0002, Entscheid vom 8. April 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/honeywell.ch

 

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