academia.ch bleibt ungenutzt – ältere Domain geht jüngerer Firma und Marke vor

Die Gesuchstellerin Academia Sprach- und Lernzentrum Basel AG wurde im Jahr 2005 gegründet und hat zwei Schweizer Marken angemeldet, welche aber noch nicht im Markenregister eingetragen wurden. Sie unterhält Standorte in Basel, Luzern, Visp und Zürich und ist entsprechend im Internet zu finden (www.academia-basel.ch, www.academia-luzern.ch, www.academia-wallis.ch, www.academia-zuerich.ch).

Ãœber die Gesuchsgegnerin ist so gut wie nichts bekannt. Abgesehen vom Haltereintrag in der SWITCH-Datenbank taucht „academiesuisse“, Demourian Achille, Genf, weder im Telefonbuch, Handelsregister, Handelsamtsblatt auf, was eigentlich gegen eine Gewerbetätigkeit spricht. Die eingetragene Adresse an der Rue du Rhône 100 entspricht einem grossen Geschäftshaus, in dem u.a. Anwaltskanzleien und Treuhandfirmen domiziliert sind. Gemäss eigener Aussage ist die Gesuchsgegnerin spezialisiert auf die Verbreitung akademischer Arbeiten und die Finanzierung von Forschungsprojekten.

Der Domainname academia.ch wurde am 13. Juli 2003 von der Gesuchsgegnerin registriert. Die Internetadresse wird seit der Registrierung nicht genutzt bzw. schaltet zu einer Bing-Suchresultatseite um. Zuvor war dieser Domainname zwischen 1998 und 2002 anderweitig vergeben und dort mit einer dreisprachigen Webseite präsent. Weiter ist hierzu und über den damaligen Halter jedoch nichts bekannt.

Die Gesuchstellerin bringt vor, auch bereits durch die Markenanmeldung Rechte am Begriff „Academia“ erhalten zu haben, welche durch die Gesuchsgegnerin verletzt werden, erstens weil eine Verwechslungsgefahr bestünde, und zweitens weil die Gesuchsgegnerin den Domainnamen überhaupt nicht benutzen würde, während ihr dadurch erhebliche Nachteile entstünden.

Die Gesuchsgegnerin erwidert, dass die Markenanmeldung noch nicht abgeschlossen sei und der Begriff ausserdem beschreibend sei. Der Domainname sei nie zulasten der Gesuchstellerin benützt worden, auch, weil sie unterschiedliche Dienstleistungen anbieten. Ausserdem sei sie überrascht, dass die Gesuchstellerin nicht die Verfügbarkeit des Domainnamens abgeklärt hatte, bevor sie im Jahr 2005 ihr Unternehmen gegründet hatten.

Erwägungen und Entscheid

Der Experte Michael A.R. Bernasconi merkt zwar an, dass bereits bei der Markenanmeldung Schutzrechte entstehen können, welche von der erfolgreichen Eintragung abhängig sind. Trotzdem sieht auch er hier einen beschreibenden Begriff, womit die Eintragung – zumindest für gewisse Waren- und Dienstleistungsklassen – vom Institut für Geistiges Eigentum möglicherweise verweigert wird. Insofern kommt er zum Schluss, dass die erste Voraussetzung im WIPO-Verfahren, nämlich der Nachweis eines klaren, bestehenden Kennzeichenrechts, nicht erfüllt ist. Damit lehnt er das Gesuch zur Übertragung des Domainnamens ab.

Bemerkungen

Ein Blick in die entsprechenden Register zeigt, dass der Begriff „Academia“ Bestandteil von 20 Schweizer Unternehmensnamen sowie einem Dutzend Schweizer Marken ist. Insofern ist tatsächlich fraglich, weshalb gerade der Gesuchstellerin erhebliche Nachteile entstehen sollen, wenn sie nicht über diesen Domainnamen verfügt.

Noch gewichtiger ist jedoch das auch von der Gesuchsgegnerin vorgebrachte Argument, dass der Domainname zur Zeit der Unternehmensgründung der Gesuchstellerin bereits registriert war. Damit wäre das Gesuch zur Übertragung des Domainnamens selbst dann abgelehnt worden, wenn der Experte die Markenrechte bejaht hätte – der ältere Domainname geht der jüngeren Marke vor. Insofern ist es fraglich, wieso die Gesuchstellerin sich überhaupt Chancen ausgerechnet hat. Sicherlich hatte sie es unterlassen, sich vor der Einreichung des Gesuchs rechtlich beraten zu lassen.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0007, Entscheid vom 10. Juli 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/academia.ch

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