pampsuisse.ch: Nachahmer im Gold-Business gestoppt

Die Gesuchstellerinnen Pamp SA aus dem Tessiner Dorf Castel San Pietro und die MKS (Switzerland) SA in Genf sind im Edelmetallgeschäft tätig. Sie stellen seit 35 Jahren Goldbarren, Münzen und Einzelteile für die Uhren- und Schmuckindustrie her. Der Firmenname PAMP steht für Produits Artistiques Metaux Precieux. Er ist seit der Firmengründung als Marken hinterlegt und auch die Internetadresse des Unternehmens (www.pamp.ch).

Der Gesuchsgegner ist gemäss dem SWITCH-Eintrag Pampsuisse Ltd., Walter Muelli, Zürich. Es existiert jedoch weder ein entsprechender Handelsregistereintrag noch ein Telefonbucheintrag unter der eingetragenen Adresse.

Der Domainname pampsuisse.ch wurde am 6. September 2012 registriert. Herr Muelli hat unter dieser Adresse eine separate Webseite (Bild) aufgebaut, auf der er ganze Teile der Pamp.ch-Webseite verwendet und allgemein vorgibt, die Firma Pamp zu sein, scheinbar um ein möglicherweise illegales Schneeball-System für den Vertrieb von Pamp-Gold aufzubauen. So gibt er zwar die korrekte Postadresse der Gesuchstellerin an, aber seine eigene E-Mail-Adresse für die Kontaktaufnahme.

pampsuisse.ch

Die Schreiben des Experten waren an der angegebenen Adresse nicht zustellbar, womit der Gesuchsgegner auch keine Antwort eingereicht hat.

Erwägungen und Entscheid

Die Sachlage ist klar. Der Gesuchsgegner bedient sich in böswilliger und unlauterer, wenn nicht sogar betrügerischer Art und Weise des Firmen- und Markennamens der Gesuchstellerinnen mit dem Ziel, ihre Kunden zu täuschen, indem er sich als die Gesuchstellerin Pamp SA ausgibt. Der Experte Philippe Gilliéron gibt daher richtigerweise dem Gesuch statt und beschliesst die Übertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Auf der nachgeahmten Pampsuisse.ch-Webseite war eine Facebook-Seite „Pamp Suisse“ mit über 1’000 Fans verlinkt. Diese scheint nicht mehr zu existieren, jedenfalls nicht mehr unter diesem Namen. Auch auf Twitter besteht ein Benutzerkonto „PampSuisseLtd“, bisher jedoch ohne Aktivität.

Die Gesuchstellerinnen hatten vor kurzem auch den Domainnamen pampsuisse.com mittels WIPO-Verfahren übertragen erhalten (Verfahrensnummer D2012-2122), der auf Khatchik Sahakian aus Glendale, California, USA, eingetragen war. Weiter existiert eine Webseite unter der malaysischen Internetadresse pampsuisse.my, ebenfalls mit einer Facebook-Seite mit jedoch nur gut 200 Fans.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0028 vom 17. Dezember 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/pampsuisse.ch

tausche.ch: Deutscher Taschenhersteller unterliegt gegen Internetportal

Die Gesuchstellerin tausche oHG aus Berlin betreibt die Webseite tausche.de und bietet dort Taschen an. Das Logo mit dem als einzigen Buchstaben nicht ausgefüllten U lässt das Wortspiel Tasche ↔ Tausche erahnen. Tauschen lässt sich dank Reissverschluss der Deckel der Tasche, womit sie sich farblich, saisonal oder für unterschiedliche Gelegenheiten einfach und kostengünstig (ab 15 Euro für einen Taschendeckel) anpassen lässt. Die Gesuchstellerin verfügt über eine internationale Wort-Bild-Marke, die am 29. August 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt für Taschen eingetragen wurde.

Die Gesuchsgegnerin Crea Swiss AG aus Wil SG betreibt das Internetportal suche.ch, auf dem sie Werbeplätze zu verschiedenen Suchbegriffen verkauft (ab 100 Franken/Monat). Insgesamt 6’000 Domainnamen führen Internetnutzer, welche ihre Suchbegriffe als Internetadresse eingeben (z.B. www.schuhe.ch oder www.sprachschule.ch) zu jeweiligen Unterseiten des Portals.

Der Domainname tausche.ch wurde gemäss den Angaben der Gesuchsgegnerin vor über 10 Jahren registriert. Der Experte Tobias Zuberbühler hat es wiederum nicht für nötig gehalten, wie sonst üblich bei SWITCH das genaue Registrierungsdatum zu erfragen. Bei Verfahrensbeginn führte der Domainname noch zur suche.ch-Hauptseite, während in der Zwischenzeit eine eigene „Tauschen“-Rubrik mit zurzeit fünf Werbebannern erreicht wird.

tausche.ch

Die Gesuchsgegnerin hat auf die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung verzichtet. Scheinbar hatte sie der Gesuchstellerin im Vorfeld angeboten, den Domainnamen für 5’000 Euro zu verkaufen, was bei der aktuellen Belegung ungefähr den Einnahmen eines Jahres entspricht.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bzw. ihr Geschäftsführer Heiko Braun stützt seinen Antrag auf die internationale Marke. Er argumentiert, dass die Gesuchsgegnerin ja gar keine Aktivitäten unter der Bezeichnung „tausche“ anbiete und der Domainname daher zu übertragen sei. Da der Domainname noch vor der Marke registriert wurde, weist die Gesuchsgegnerin, ebenfalls durch ihren Geschäftsführer Christian Pfister vertreten, das Gesuch zurück.

Trotz seiner fehlenden Abklärung des genauen Registrierungsdatums hält der Experte die ältere Registrierung des Domainnamens als plausibel, womit das Prinzip „First come first served“ und ein Weiterbenutzungsrecht nach Markenschutzgesetz gilt. Ferner hält er fest, dass die Marke als Imperativ des Verbs tauschen sehr kennzeichnungsschwach ist und sich ihr Schutz bestenfalls auf die geschützten Klassen beschränkt. Da die Gesuchsgegnerin unter ihrem Domainnamen keine Taschen anbiete, bestehe kein Anspruch der Gesuchstellerin. Insofern weist der Experte das Gesuch ab.

Bemerkungen

Der WIPO-Entscheid ist sehr unsorgfältig verfasst und enthält diverse Fehler, angefangen beim Sitz der Gesuchsgegnerin („Will“ statt „Wil“), bis zu diversen Verwechslungen von www.tausche.de und www.suche.ch. Vor allem ist aber unverständlich, weshalb der Experte es unterlassen hat, das Registrierungsdatum bei SWITCH abzuklären. Schliesslich ist die Frage, ob der Domainname nun wirklich vor oder nach der Hinterlegung der Marke registriert wurde, zentral. Dem Entscheid selbst ist hingegen beizupflichten.

Das Angebot der Gesuchsgegnerin, den generischen Domainnamen für 5’000 Euro zu verkaufen, war völlig berechtigt und erscheint mir auch preislich mehr als fair. Ob dieses Angebot weiterhin gilt und die Gesuchstellerin darauf eingehen wird,

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0029 vom 17. Dezember 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/tausche.ch

elle-agency.ch: Keine Exklusivrechte an „sie“ für Frauenzeitschrift-Verleger

Die Gesuchstellerin Hachette Filipacchi Presse in Levallois-Perret, Frankreich, verlegt seit 1945 die Frauenzeitschrift „Elle“, die mittlerweile in 43 Versionen in 90 Ländern erhältlich ist. Im deutschsprachigen Raum erscheint sie monatlich mit einer Auflage von gut 200’000 Exemplaren. „Elle“ leitet sich vom französischen Pronomen für „sie“ (als weibliches Pendant zu „er“) ab. Die Gesuchstellerin verfügt über diverse Marken „Elle“, die unter dem Madrider Protokoll hinterlegt wurden und auch in der Schweiz Gültigkeit haben. Die älteste davon stammt aus dem Jahr 1964.

Die Gesuchsgegnerin Full Access Sàrl in Lausanne wurde 2009 gegründet und bezweckt laut Handelsregister, Beratungsleistungen bezüglich Kommunikation und Tourismus zu erbringen. Alleinige Gesellschafterin ist Valérie Lévy, die unter derselben Postadresse noch zwei weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit ähnlichem Zweck besitzt. Eine frühere Aktiengesellschaft von ihr in Genf musste Konkurs anmelden und wurde aufgelöst.

Der Domainname elle-agency.ch wurde am 24. Juni 2010 registriert. Er ist auf die Webseite einer Edel-Begleitagentur umgeleitet. Ob sie und die dort genannte Agenturchefin Leyla Castaldi ein und dieselbe Person sind, lässt sich nicht herausfinden. Die Internetrecherche zeigt jedoch, dass die Agentur „Elle-Agency“ in Lausanne und Genf sehr erfolgreich zu sein scheint und die Agenturchefin regelmässig medienwirksam auftritt, z.B. in einem Interview mit der „Bilanz“.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin räumt zwar ein, dass sich die hinterlegten Tätigkeiten ihrer Marke von den Diensten der Gesuchsgegnerin unterscheiden. Sie ist jedoch der Ansicht, dass ihre Marke berühmt sei und daher Schutz über sämtliche Waren- und Dienstleistungsklassen hinweg geniesse, ohne dies aber weiter zu belegen.

Die Berühmtheit der Marke wird von der Gesuchsgegnerin bestritten und letztlich auch vom Experten Bernhard Meyer verneint. Die im Gesetz nicht genannten (alternativen) Kriterien für eine berühmte Marke sind:

  • Hoher (Wieder-) Erkennungswert in der Schweiz: Selbst Leuten, die diese Marke nicht kaufen o.ä., sollte sie bekannt sein (mind. 50% aller Schweizer!) und sie sollten sie sofort erkennen und dem Hersteller zuordnen können. Coca-Cola oder Apple sind beispielsweise berühmte Marken.
  • Hohe Ausgaben für Werbung.
  • Hohe Marktanteile auf verschiedenen Tätigkeitsgebieten.
  • Hohe Unterscheidungskraft und Einzigartigkeit der Marke.

Wer die Berühmtheit der eigenen Marke behauptet, hat dies detailliert zu belegen, mindestens aber mit gross angelegten, repräsentativen Umfrageergebnissen. Die eindrücklichen Verkaufszahlen der Zeitschrift in verschiedenen Ländern alleine reicht dazu nicht. Daneben bewertet der Experte die Marke „Elle“ als wenig unterscheidungskräftig. Gerade in der französischsprachigen Westschweiz, in der die Gesuchsgegnerin tätig ist, ist das Wort Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Umso mehr wären hier Beweise für die Berühmtheit der Marke erforderlich gewesen. Damit verletzt der Domainname die Rechte der Gesuchstellerin nicht, womit der Experte das Gesuch abweist.

Bemerkungen

Dem Entscheid ist absolut beizupflichten. Seine Lektüre eignet sich gut, um die Kriterien der „berühmten Marke“ nach Art. 15 Markenschutzgesetz aufzufrischen.

Ich würde sogar soweit gehen, das vorliegende WIPO-Verfahren zur Kategorie der „Domain-Regrabbing“-Fälle zu zählen, bei dem Grossunternehmen versuchen, alle sich in ihrer Nähe befindlichen Domainnamen einzufordern, ohne dazu berechtigt zu sein.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0023 vom 9. November 2012

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/elle-agency.ch