München streitet sich um den Feinkost-Käfer

Die Käfer GmbH ist ein Feinkost-Unternehmen mit gut 80-jähriger Geschichte und mehreren hundert Mitarbeitern mit Sitz in München. Neben dem riesigen Feinkostladen gehören mehrere Gastronomiebetriebe und ein international tätiger Party-Service zum Unternehmen. Neben www.feinkost-kaefer.de ist es unter den verschiedensten Domainnamen mit und ohne Bindestrich, mit und ohne Umlaut sowie unter diversen Top Level Domains im Internet erreichbar.

Nicht jedoch unter www.feinkost-kaefer.ch. Denn diesen Domainnamen hatte ein Konkurrenzbetrieb, die Starcookers GmbH, ebenfalls aus Müchen, vor drei Jahren für sich registriert. Besucher werden dabei auf die eigentliche Starcookers-Webseite umgeleitet. Verständlicherweise sind die Käfer darüber nicht erfreut.

Das renomierte Berner Anwaltsbüro Fuhrer Marbach & Partner, welche die Firma Käfer vertritt, hat beim WIPO-Verfahren ein leichtes Spiel. Denn der Gesuchsgegner hat keine Antwort eingereicht. Bei der klaren Sachlage hätte dies aber vermutlich auch zu nichts geführt.

Der Experte, Michael A.R. Bernasconi, folgt dann auch den Vorbringungen des Gesuchstellers. Einerseits verletzt Starcookers die internationalen Markenrechte mit Schutzausdehnung auf die Schweiz. Aufgrund der Zeichenidentität (Käfer – Kaefer) und der Identität von Waren und Dienstleistungen ergibt sich eine erhebliche Verwechslungsgefahr. Andererseits hat sich Starcookers unlauter verhalten, indem er bewusst Massnahmen getroffen hat, die geeignet sind, Verwechslungen mit Waren und Dienstleistungen von Käfer herbeizuführen. Somit verfügt der Experte zu Recht die Übertragung des Domainnamens.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2011-0010, Entscheid vom 5. Mai 2011

turkcelleurope.ch: Autobatterie schlägt Mobiltelefonie-Gigant wegen fehlendem Kennzeichenrecht

Turkcell ist ein in der TĂĽrkei fĂĽhrender Anbieter von Mobiltelefonie (vermutlich ähnlich wie Swisscom in der Schweiz) und dank Roaming auch international tätig und bekannt. Eher unbekannt sind hingegen Turkcelleurope Autobatterien. Beide Angebote machen insofern Sinn, als das englische Wort „cell“ sowohl fĂĽr Mobiltelefon (cell phone) als auch fĂĽr Batterie (battery cell) stehen kann.

Yusuf Keyis, eine Privatperson mit Wohnsitz in Olten, importiert Autobatterien aus der TĂĽrkei und preist sie in der Schweiz unter dem Namen „Turkcell Europe Power“ an. Viel zu verdienen scheint er damit nicht. Offenbar bleibt er unterhalb der Umsatzschwelle, ab der eine Einzelunternehmung ins Handelsregister eingetragen werden muss.

Eines hat der Autobatterien-Importeur aber: Den Domainnamen „turkcelleurope.ch“, den er erst im Dezember 2010 registriert hatte. Und den will jetzt auch der Mobiltelefonie-Anbieter, der identische Domainnamen unter verschiedenen Top Level Domains (TLD) besitzt, darunter .com, .de, .at oder .nl.

Im Gegensatz zu früheren WIPO-Verfahren, in denen der Mobiltelefonie-Anbieter obsiegt hatte (D2010-0010 und D2010-0152), hat er in der Schweiz aber einen Nachteil. Denn er besitzt hier weder eine Niederlassung, die ein inländisches Firmenrecht auslösen würde, noch eine (ältere) Schweizer Marke, auf die er sich stützen könnte. Das WIPO-Verfahren für Domainnamen unter der TLD .ch setzt aber genau ein solches Schweizer Kennzeichenrecht voraus. Aufgrund des unterschiedlichen Angebots ist auch das Wettbewerbsrecht keine Hilfe.

Damit bleibt dem Experten Daniel Kraus gar nichts anderes ĂĽbrig, als das Gesuch des tĂĽrkischen Mobiltelefonie-Anbieters abzulehnen.

Dieses Ergebnis vermag nicht zu befriedigen. Yusuf Keyis hat aufgrund seiner tĂĽrkischen Wurzeln sicherlich Kenntnis vom dortigen Mobiltelefonie-Gigant. Da er (auch) als Webdesigner/Webmaster tätig ist („10line.ch“), war es fĂĽr ihn ein Leichtes, den freien Domainnamen zu registrieren und unter dieser Adresse eine kostenlose Webshop-Lösung (XTC von XT-Commerce) zu installieren. Ob er tatsächlich Autobatterien importiert oder dies lediglich vorgibt, um eine eigene Berechtigung am Namen zu erreichen, kann nicht ĂĽberprĂĽft werden. Es ist jedoch denkbar, dass ein staatliches Gericht diesen Entscheid umstossen wird.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2011-0007, Entscheid vom 12. Mai 2011

laduree.ch geht ganz klar an die Markeninhaberin

Ladurée ist eine Luxus-Konditorei aus Frankreich, welche die Makrönchen erfunden hatte, die wir hauptsächlich als Luxemburgerli von Sprüngli kennen. Mittlerweile gibt es viele Filialen in einem Dutzend Ländern, welche von Lizenznehmern betrieben werden. Das Unternehmen hat seit dem Jahr 2004 diverse Schweizer Marken hinterlegt und im 2005 den ersten Schweizer Lizenzvertrag abgeschlossen. Trotzdem hatte es versäumt, die passende Schweizer Internetadresse laduree.ch zu registrieren.

Dies hatte sich die Gesuchsgegnerin zunutze gemacht. Die Pumpstation Gastro GmbH in Kilchberg registrierte den noch freien Domainnamen am 21. Dezember 2007 in der Hoffnung, dass ebenfalls eine Zusammenarbeit mit LadurĂ©e zustande kommt. Dazu kam es jedoch nicht. Auf die Ăśbertragungsaufforderung von LadurĂ©e hin hat die Pumpstation Gastro GmbH die Ăśbertragung gegen 10’000 Euro in Aussicht gestellt. Daraufhin wurde das WIPO Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet.

Dieses war fĂĽr den alleinigen Experten, Herr Daniel Kraus, eine relativ einfache Sache. Denn die Gesuchsgegnerin hat keine Antwort eingereicht. Der Domainname ist identisch mit den Marken der Gesuchstellerin, womit eine grosse Gefahr der falschen Zuordnung der Webseite bzw. eine Fehlinterpretation der dahinter stehenden Person besteht (Stichwort „Verwechslungsgefahr“). Der Gesuchsgegner hatte den Domainnamen in Kenntnis der Gesuchstellerin und ihrer Marken registriert.

Zu Recht ordnet der Experte die Übertragung des Domainnamens an die Gesuchstellerin an. Trotzdem frage ich mich, ob registrierfaule Firmen geschützt werden sollen, die ihren Firmen- und identischen Markennamen nicht ebenfalls als Internetadresse registrieren, und zwar in allen möglichen Schreibweisen (mit und ohne Umlaut, mit und ohne Bindestrich, absehbare Falschschreibungen). Schweizer Domainnamen können seit dem Jahr 1997 registriert werden. Wer das – bei bereits so lange bestehendem Unternehmen – zehn oder noch mehr Jahre später immer noch nicht getan hat, hat meiner Meinung nach durch konkludentes Nichthandeln auf den Domainnamen verzichtet und damit seinen Anspruch darauf verwirkt.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2011-0009, Entscheid vom 4. Mai 2011