tcs-reisen.ch: Ukrainischer Typosquatter unterliegt erneut

Der Gesuchsteller Touring Club Suisse (TCS) mit Sitz in Vernier in der Westschweiz ist mit knapp 1.6 Millionen Mitgliedern der grösste Verkehrsclub der Schweiz. Neben Pannenhilfe bietet der Verein Fahrzeug-, Reise- und Rechtsschutzversicherungen, Verkehrsinformationen, Beistand fĂŒr Personen und Fahrzeuge in der Schweiz und im Ausland, betreibt Verkehrssicherheitszentren, zwei Hotels und 37 CampingplĂ€tze, organisiert Fahrschulkurse und einiges mehr. Der TCS verfĂŒgt ĂŒber etliche Schweizer Marken und einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in der Schweiz, auch bei Nichtmitgliedern. Die AbkĂŒrzung „TCS“ ist ausserdem Bestandteil des Vereinsnamens.

Der Gesuchsgegner Cifagro enterprises aus Kiew in der Ukraine ist ein gewerbsmÀssiger Typosquatter, der die Namen bekannter Unternehmen und Organisation mit ZusÀtzen oder Schreibfehlern als Domainnamen registriert und mit Werbeeinblendungen auf diesen Seiten Geld verdient. Cifagro war bereits vier Mal Gesuchsgegner in WIPO-Verfahen um .ch-Domainnamen, Gesuchsteller war jeweils die comparis.ch AG.

Der Domainname tcs-reisen.ch wurde am 7. Mai 2010 registriert. Er fĂŒhrt zu einer Parkier-Webseite mit Werbelinks („sponsored links“) zu Ferien- und Reisedienstleistungen.

tcs-reisen.ch

Wie auch in den frĂŒheren Verfahren reicht der Gesuchsgegner keine Antwort ein und nimmt auch nicht an der Schlichtungsverhandlung teil.

ErwÀgungen und Entscheid

Die Namens- und Markenrechte des Gesuchstellers sind unbestritten. Der Bestandteil „reisen“ ist bloss beschreibend und schafft umso mehr eine Verwechslungsgefahr, als auch der TCS auf diesem Gebiet tĂ€tig ist. Daneben hat der TCS eine branchenĂŒbergreifende Studie zum Image und zur Reputation von Unternehmen in der Schweiz 2011 eines grossen Marktforschungsinstituts (rund 95% der Bevölkerung) eingereicht, die dem TCS eine feste Verankerung und einen sehr hohen Bekanntheitsgrad attestiert, Ă€hnlich wie SBB, Rivella oder Novartis. Somit geniesst der TCS den bestmöglichen Schutz als berĂŒhmte Marke ĂŒber alle Waren- und Dienstleistungsklassen hinweg, auch wenn keine Verwechslungsgefahr vorlĂ€ge.

Der Experte Bernhard F. Meyer bejaht die AusnĂŒtzung des Rufs des Gesuchstellers durch den Gesuchsgegner, um „fĂŒr sich selber ein Einkommen zu generieren“. Aufgrund der klaren Verletzung der Namens- und Markenrechte gibt er dem Gesuch statt und beschliesst die Übertragung des Domainnamens auf den TCS.

Bemerkungen

Es ist lobenswert, wie der TCS sogar eine Studie zum Bekanntheitsgrad eingereicht hat, um seinen Anspruch auf den Domainnamen bestmöglichst zu belegen. Sicherlich hÀtte er ihn auch so zugesprochen erhalten.

Trotzdem erscheint es immer bedenklicher, dass so klar Kennzeichenrecht verletzende Domainnamen so einfach registriert werden können und ihre Übertragung an die betroffenen Unternehmen und Organisationen dermassen umstĂ€ndlich ist. Es wĂ€re wĂŒnschenswert, dafĂŒr einen einfacheren, kostengĂŒnstigeren Weg zu schaffen, der die Registrierung fremder Kennzeichen weniger attraktiv macht.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2012-0035, Entscheid vom 28. Januar 2013

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/tcs-reisen.ch

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