Allianz von Hosting-Anbietern will .ch-Registerbetreiberin werden – eine erste Analyse

Im Jahr 2007 hatte das Bundesamt fĂŒr Kommunikation BAKOM den Vertrag mit SWITCH ĂŒber die Verwaltung der .ch-Domainnamen (Registrierungsstelle und Registerbetreiberin) zuletzt um gut acht Jahre bis am 31. MĂ€rz 2015 verlĂ€ngert. Dieses Datum rĂŒckt immer nĂ€her. Diverse grosse Hosting-Anbieter haben sich zur Genossenschaft „Registrar Alliance“ zusammengeschlossen, um sich ebenfalls fĂŒr die Position der Registerbetreiberin zu bewerben.

Die Registrar Alliance sieht sich gemĂ€ss eigenen Angaben vor allem als „Interessenwahrer der Internet-Community in der Schweiz“. Unter der Leitung der ehemaligen Rechtsdienst-Leiterin von SWITCH, der AnwĂ€ltin Nicole Beranek Zanon, will sie sich fĂŒr eine breit abgestĂŒtzte Governance einsetzen und ihren Mitgliedern und den ĂŒbrigen Domainnamen-Registrierstellen gĂŒnstige, auf Kostendeckung basierende, zuverlĂ€ssige und nicht diskriminierende Register-Dienste anbieten. Die Registrar Alliance ist nicht gewinnorientiert und will allfĂ€llige ÜberschĂŒsse durch die Preise an alle Registrierstellen weitergeben. Sie sei „eine typische Selbsthilfeorganisation Ă  la Migros“. Die Mitgliedschaft stehe allen Schweizer Registrierstellen offen. Damit werde gewĂ€hrleistet, dass die Top Level Domain .ch nach Schweizer Werten gefĂŒhrt und verwaltet wird. Im Unterschied zu heute ist mit der Registry Alliance auch gewĂ€hrleistet, dass die Community, welche das Internet in der Schweiz betreibt, involviert und damit massgeblich an der Mitgestaltung von .ch beteiligt ist.

Ihr Vorhaben ist gleichzeitig Kritik an der jetzigen Registrierstelle und Registerbetreiberin. SWITCH geriet in die Kritik (der Registrar Alliance-GrĂŒnder), als sie eine gewinnorientierte Tochterfirma grĂŒndete, die Hosting- und Registrierdienste anbietet, und auf ihrer Webseite (der Stiftung SWITCH, nicht der Register-Webseite www.nic.ch) die Tochterfirma bewarb. Das angerufene Bundesgericht hatte in der Folge entschieden, dass diese vermeintliche Bevorzugung gegenĂŒber den SWITCH-Partnern zulĂ€ssig sei. Die GrĂŒndung erfolgte ebenfalls im Hinblick auf die voraussichtliche EntbĂŒndelung der beiden Dienste Registrierstelle und Registerbetreiberin bei der Erneuerung des Vertrags im 2015.

Was die Genossenschaft besser machen will als SWITCH, ist nicht ganz klar. Auch SWITCH senkte in der Vergangenheit wenn möglich die Preise und erhielt dafĂŒr in einem Fall sogar Schelte, weil das BAKOM die Preissenkung nicht vorher abgesegnet hatte. In vielen Punkten schrĂ€nken gesetzliche Regelungen den Spielraum von SWITCH ein. An diese Vorgaben mĂŒsste sich auch die Genossenschaft halten. Sie mag zwar nicht gewinnorientiert sein, will aber primĂ€r die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder fördern oder sichern. Ob dabei die Interessen der Internet-Community (von wem genau?) wirklich gewahrt werden und nicht eher in den Hintergrund rĂŒcken, wird sich allenfalls zeigen.

In einer Stellungnahme weist SWITCH auf ihre BemĂŒhungen fĂŒr ein sicheres Schweizer Internet hin sowie auf ihre UnabhĂ€ngigkeit als nicht gewinnorientierte Stiftung der Schweizer Hochschulen. Es ist davon auszugehen, dass SWITCH bereits ein Gesuch zur Erneuerung des Vertrags eingereicht hat. Die entsprechende Verordnung sieht vor, dass dies spĂ€testens 18 Monate vor Ablauf des Vertrags zu erfolgen hat.

Ich persönlich bin skeptisch, was das Vorhaben der Registrar Alliance angeht. Mir scheint eher, als seien die Genossenschafter mit den rechtlichen Vorgaben des BAKOM nicht zufrieden, nach denen sich SWITCH richtet, als mit SWITCH selbst. Als neue Registerbetreiberin hĂ€tte sie auf deren Änderung aber nur sehr beschrĂ€nkt Einfluss. Im Rahmen eines Vernehmlassungsverfahrens zur Überarbeitung der rechtlichen Normen könnten die Hosting-Anbieter auch so mitwirken. Ob die GrĂŒndung der Genossenschaft und ihr Vorhaben lediglich aus Trotz bzw. Unzufriedenheit mit dem Bundesgerichtsurteil und der damit entstandenen Spannungen erfolgt ist, und ob dies wirklich ein legitimer Grund ist, Registerbetreiberin werden zu wollen, ist fraglich. PrimĂ€r aufgrund ihrer UnabhĂ€ngigkeit gebe ich SWITCH den Vorzug.

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