tropicana.ch: WIPO erlaubt Markenblockierung durch inaktiven Domainnamen

Tropicana ist eine vor allem in den USA bekannte Fruchtsaftmarke, deren Produkte aber auch in den hiesigen Supermärkten erhältlich sind. Seit 1993 ist der Begriff „Tropicana“ auch als Schweizer Marke hinterlegt.

Den entsprechenden Domainnamen „tropicana.ch“ hatte am 8. Juli 1998 aber bereits eine Privatperson, Christian Hohnbaum aus Wünnewil, registriert. Seit seiner Registrierung ist der Domainname allerdings inaktiv geschaltet, d.h. nicht erreichbar. Gemäss den Angaben von Herrn Hohnbaum wollte er unter dieser Adresse der gleichnamigen Band einer Kollegin einen Internetauftritt erstellen. Aktuell plane er unter dieser Adresse eine Marketing- und Verkaufsplattform für OEM-Produkte (Produkte, die der Hersteller nicht selbst in Umlauf bringt, z.B. das Betriebssystem Windows auf einem Dell-Computer) für Schüler und Studenten, für deren Planung er bereits 20’000 Franken bezahlt habe.

Scheinbar fanden im Jahr 2006 Verhandlungen über den Kauf des Domainnamens zwischen den Parteien statt. Tropicana Products habe den Kauf für 1’000 Franken abgelehnt und sich danach nicht wieder gemeldet. Tropicana ist seither unter der Adresse www.mytropicana.ch zu finden.

Zwar anerkennt der Experte, Herr Tobias Zuberbühler, den Bestand der Schweizer Marke der Gesuchstellerin. Er stellt jedoch darauf ab, dass die inaktive Registrierung eines Domainnamens nicht als markenrechtlicher Gebrauch gelte. Dies würde selbst dann gelten, wenn es sich um eine berühmte Marke (wie z.B. Coca-Cola) handeln würde. Handeln könne der Markeninhaber erst, wenn sich eine drohende Verletzung konkretisiert, beispielsweise wenn eine Webseite für ähnliche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen am Entstehen ist.

Der Experte glaubt den Behauptungen des Gesuchstellers und befindet, dass weder die Musikband noch der Verkaufsshop die Markenrechte von Tropicana Products verletzen, da es sich dabei um ein abweichendes Angebot handle. Insofern bestehe keine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der Marke und dem identischen Domainnamen. Auch sei keine Behinderung der Tätigkeit von Tropicana Products ersichtlich, da diese auf eine andere Internetadresse ausweichen konnte, führt der Experte weiter aus. Er merkt schliesslich an, dass „angesichts der fehlenden Berühmtheit der Marke in der Schweiz und der Tatsache, dass der Begriff ‚Tropicana‘ (eine Abwandlung des spanischen Worts trópica/trópical = tropisch) auch für die Bezeichnung von Clubs und Restaurants geläufig ist, […] kein ausschliesslicher Anspruch der Gesuchstellerin auf den streitigen Domainnamen [bestehe].

Insofern weist der Experte das Gesuch ab.

Der letzte Teil der Begründung erstaunt. Im früheren Entscheid zur Marke Artemis hatte der dortige Experte ausgeführt, dass die Marke trotz des Vorhandenseins anderer Firmen mit demselben Namen nicht verwässert werde und der Monopolanspruch bestehen bleibe. Beim erwähnten Entscheid wurde diese Begründung für die Übertragung des Domainnamens herangezogen, im vorliegenden Entscheid für die Abweisung des Gesuchs. Ein solch inkonsistentes Vorgehen schadet der Glaubwürdigkeit der WIPO-Verfahren.

Daneben lässt der Entscheid eine grosse Frage weiterhin offen: Wie können sich Markeninhaber wehren, wenn ihr Domainname bereits registriert, aber inaktiv ist? Folgt man der Logik dieses Entscheids, lautet die Antwort: Gar nicht. Dies vermag nicht zu befriedigen.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2011-0013, Entscheid vom 10. August 2011

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