Vernehmlassung zur Domainnamen-Verordnung ist abgelaufen

Während drei Monaten hatten interessierte Personen die Möglichkeit, dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) eine Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung über die Internet-Domains (VID) und den beabsichtigten Änderungen weiterer Verordnungen zum Fernmeldegesetz einzureichen. Diese Vernehmlassung soll jeweils Aufschluss geben über die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz eines Vorhabens. Die Vernehmlassungsfrist ist gestern abgelaufen.

Das BAKOM wird die eingereichten Stellungnahmen nun prüfen, gewichten und auswerten und in einem Ergebnisbericht deren Inhalte zusammenfassen. Dieser Ergebnisbericht und die einzelnen Stellungnahmen werden im Internet öffentlich zugänglich gemacht.

Auch ich habe den VID-Entwurf geprüft und meine Stellungnahme dazu eingereicht. Grundsätzlich befürworte ich die Schaffung einer Verordnung über Internet-Domains. Insbesondere die folgenden geplanten Regelungen bedürfen meines Erachtens einer Überarbeitung:

  • Die mehrfach erwähnte, aber schwer fassbare „Schweizer Community“ muss definiert und/oder näher umschrieben werden, insbesondere bezüglich der Verweise auf ihre Mitglieder und den Beirat.
  • Problematisch empfinde ich die vorgesehenen reservierten Bezeichnungen von Bundesräten und Behörden, da aufgrund noch nicht bekannter zukünftiger Bundesräte und Namenswechsel von Behörden eine grosse Rechtsunsicherheit geschaffen wird und nicht klar ist, welche Schreibweisen und Namensteile genau geschützt sein sollen.
  • Domainnamen sollen beim Tod oder im Konkursfall des Inhabers nicht widerrufen werden, sondern an einen Rechtsnachfolger übergehen.
  • Ein hohes Konfliktpotenzial sehe ich bei der (freiwilligen) Zuteilungsprüfung und Verweigerungsmöglichkeit von .swiss-Domainnamen durch die Registerbetreiberin.
  • Im Rahmen der Sunrise-Periode zur Registrierung von .swiss-Domainnamen sollen Inhaber identischer .ch-Domainnamen nicht vergessen werden, sondern unbedingt auch die Gelegenheit zur privilegierten Registrierung erhalten.

Bei Interesse ist meine Stellungnahme im PDF-Format hier zu finden.

Nun bin ich auf den weiteren Verlauf und die definitive Fassung der Verordnung über (die) Internet-Domains gespannt.

10 Jahre Umlaut-Domainnamen in der Schweiz – ein Rückblick

Vor genau zehn Jahren, am 1. März 2004 um 12:00 Uhr, wurden .ch- und .li-Domainnamen mit Umlauten zur Registrierung freigegeben. Damit kamen zu den 37 registrierbaren Zeichen (a-z, 0-9, Bindestrich) weitere 32 Zeichen europäischer Alphabete hinzu (vgl. nachfolgende Grafik). Gleichzeitig wurde die maximale Länge von Domainnamen von 24 auf 63 Zeichen erhöht.

IDN-Domains: zusätzliche Zeichen seit 1.3.2004

Technische Aspekte

Während die bisher erlaubten Zeichen der ASCII-Kodierung bzw. dem amerikanischen Sprachgebrauch entsprechen, liegen die neuen Zeichen ausserhalb dieser Zeichenkodierung. Sie können deshalb nur indirekt verwendet werden, indem die Internationalisierten Domainnamen oder IDN-Domainnamen in ein ASCII-kompatibles Format (kurz: ACE) umgewandelt werden. Dabei wird mittels Punycode das nichtkompatible Zeichen entfernt und am Ende des Domainnamens in Form eines ASCII-Strings wieder hinzugefügt, in dem Position und Art des Zeichens enthalten ist. Dem Domainnamen wird das ACE-Präfix „xn--“ vorangestellt, um ihn von klassischen ASCII-Domainnamen zu unterscheiden. Beispiel:

IDN-Domainname: Beispiel häkeln.ch

Die Zeichenfolge „xn--“ wurde gewählt, da sie in Namen und Worten ansonsten nicht vorkommt. Aus dieser Zeit stammt übrigens das noch heute gültige Verbot zweier Bindestriche an dritter und vierter Stelle. Um die IDN-Domainnamen richtig „übersetzen“ zu können, war anfangs ein spezielles Browser-Plugin nötig.

Keine Sunrise-Periode

Leider erhielten weder Inhaber von Kennzeichenrechten noch Inhaber von Domainnamen mit ausgeschriebenen Umlauten (bspe. ue statt ü) die Gelegenheit, im Voraus die entsprechenden Domainnamen zu reservieren. Eine solche Sunrise-Periode hilft, die Nachteile des „first come first served“-Prinzips abzuschwächen, da gerade bei beliebten Domainnamen mit vielen Interessenten wie „müller.ch“ viele die Ersten sein möchten. Beispielsweise wurde beim Start der Europa-Top-Level-Domain „.eu“ eineinhalb Jahre später eine Sunrise-Periode durchgeführt. Eine solche ist immerhin für die Einführung der Top-Level-Domain .swiss geplant – aus Fehlern wird man klug.

Persönlicher Rückblick auf den 1. März 2004: Totales Chaos

Ich sass am 1. März 2004 rechtzeitig vor dem Computer, um meine gewünschten Umlaut-Domainnamen zu registrieren. Meine Liste umfasste lediglich zwei Einträge, von denen ich bereits die Domainnamen mit ausgeschriebenen Umlauten besass. Die Nachfrage war jedoch so gross, dass SWITCH sein Netzwerk dadurch vor der Ãœberlastung schützte, dass nur so viele Antragsteller zugelassen wurden, wie vom System verarbeitet werden konnten. Die Vollbelastung dauerte gemäss SWITCH bis um 18 Uhr und dann nochmals nach den Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „10 vor 10“ mit Berichten über den IDN-Start. Als es mir endlich gelang, zur Registrierung zugelassen zu werden, war einer der beiden Domainnamen – der für mich wichtigere – bereits weg und bleibt bis heute verloren. Dies ärgert mich noch immer.

WIPO-Verfahren um IDN-Domainnamen

Die fehlende Sunrise-Periode und das überlastete Netzwerk am Starttag hatte wie erwartet dazu geführt, dass viele Domainnamen von Nichtberechtigten registriert wurden. In der Folge wurden von Inhabern von Kennzeichenrechten noch im selben Jahr 14 WIPO-Verfahren angestrebt, um Domainnamen mit deutschen Umlauten zurück zu erhalten, darunter die ÖKK, Würth, Feldschlösschen, Rhäzünser oder die Bank Julius Bär, und ein einziges im Jahr danach betreffend zwei Domainnamen mit französischen Akzenten. Seither hat es keine weiteren WIPO-Verfahren um IDN-Domainnamen mehr gegeben. Ob ein registrierter Domainname mit ausgeschriebenem Umlaut ohne weitere Kennzeichenrechte einen Anspruch auf den identischen Domainnamen mit Umlaut verschafft, ist umstritten.

Heute in der Schweiz unbedeutend

Innerhalb der ersten 24 Stunden wurden rund 14’500 Schweizer IDN-Domainnamen registriert. Bis Mitte April 2004 stieg diese Zahl auf rund 23’500 weiter an. Ihr Anteil am gesamten Domainnamen-Bestand betrug damit 4,1%. Seither stagniert ihre Zahl und liegt heute mit rund 24’000 fast gleich hoch wie damals, während die Zahl der übrigen Domainnamen um über das Dreifache angestiegen ist. Der Anteil der IDN-Domainnamen ist damit auf 1,3% gefallen.

Auch in der Schweizer Öffentlichkeit nimmt man die Umlaut-Domainnamen kaum wahr, da sie meist auf das Pendant mit ausgeschriebenen Umlauten umgeleitet werden. Dies auch deshalb, weil es Probleme gibt, sie für E-Mail-Adressen zu verwenden (es wird die ACE-Version mit xn-- angezeigt) oder beim Teilen über Soziale Medien (auch hier wird die ACE-Version angezeigt). Im Ausland hingegen findet mit der Einführung der neuen Top-Level-Domains mit Zeichen ausserhalb des ASCII-Bereichs, z.B. im arabischen oder asiatischen Raum, ein grosses Revival statt.

Ich empfehle, für Website-Projekte immer beide Versionen, d.h. mit Umlaut und mit ausgeschriebenem Umlaut, zu registrieren. Ich selbst habe zum jetzigen Zeitpunkt elf Umlaut-Domainnamen registriert.

Eigene Rechtsgrundlage für Domainnamen und Trennung der Registry- und Registrar-Funktion: BAKOM eröffnet die Vernehmlassung

Zumindest hinter den Kulissen soll sich einiges ändern. Das BAKOM möchte die Verwaltung der Top-Level-Domains .ch und .swiss in einer separaten Verordnung regeln und die Funktionen der Registerbetreiberin (Registry) und Registrierungsstellen (Registrar) trennen.

Die Vernehmlassung läuft ab sofort. Die Vernehmlassungsunterlagen sind hier zu finden:

Weitere Unterlagen des BAKOM zur Vernehmlassung:

Stellungnahmen können bis am 17. April 2014 eingereicht werden.

Revision der FMG-Verordnungen: Vernehmlassung ab Mitte Februar 2014

Zurzeit bereitet das Bundesamt für Kommunikation BAKOM eine Revision der Ausführungsverordnungen zum Fernmeldegesetz (FMG) vor. Die Marktentwicklung und der technische Fortschritt machen eine Anpassung nötig. Neben der Top-Level-Domain .ch muss auch die Verwaltung der neuen Top-Level-Domain .swiss (Start ab Herbst 2014) geregelt werden. Dies erfolgt entweder wie bisher im Rahmen der Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV) – Domainnamen sind rechtlich gesehen „Adressierungselemente“ – oder in einer separaten Verordnung. Möglicherweise trennt der Bund dabei die Funktionen der Registerbetreiberin und der Registrierstelle.

Die Revisionsvorlage war bereits im verwaltungsinternen Mitberichtsverfahren. Mitte Februar 2014 soll das öffentliche Anhörungsverfahren zur Vorlage zu starten. Betroffen sind neben der Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV) die Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) und die Preis­bekannt­gabe­verordnung (PBV). Die beabsichtigten Verordnungsänderungen werden samt erläuterndem Bericht auf der Webseite des BAKOM aufgeschaltet werden. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens können alle Interessierten zur Vorlage Stellung nehmen. Die Vernehmlassung dauert voraussichtlich bis Mitte Mai 2014.

Allianz von Hosting-Anbietern will .ch-Registerbetreiberin werden – eine erste Analyse

Im Jahr 2007 hatte das Bundesamt für Kommunikation BAKOM den Vertrag mit SWITCH über die Verwaltung der .ch-Domainnamen (Registrierungsstelle und Registerbetreiberin) zuletzt um gut acht Jahre bis am 31. März 2015 verlängert. Dieses Datum rückt immer näher. Diverse grosse Hosting-Anbieter haben sich zur Genossenschaft „Registrar Alliance“ zusammengeschlossen, um sich ebenfalls für die Position der Registerbetreiberin zu bewerben.

Die Registrar Alliance sieht sich gemäss eigenen Angaben vor allem als „Interessenwahrer der Internet-Community in der Schweiz“. Unter der Leitung der ehemaligen Rechtsdienst-Leiterin von SWITCH, der Anwältin Nicole Beranek Zanon, will sie sich für eine breit abgestützte Governance einsetzen und ihren Mitgliedern und den übrigen Domainnamen-Registrierstellen günstige, auf Kostendeckung basierende, zuverlässige und nicht diskriminierende Register-Dienste anbieten. Die Registrar Alliance ist nicht gewinnorientiert und will allfällige Ãœberschüsse durch die Preise an alle Registrierstellen weitergeben. Sie sei „eine typische Selbsthilfeorganisation à la Migros“. Die Mitgliedschaft stehe allen Schweizer Registrierstellen offen. Damit werde gewährleistet, dass die Top Level Domain .ch nach Schweizer Werten geführt und verwaltet wird. Im Unterschied zu heute ist mit der Registry Alliance auch gewährleistet, dass die Community, welche das Internet in der Schweiz betreibt, involviert und damit massgeblich an der Mitgestaltung von .ch beteiligt ist.

Ihr Vorhaben ist gleichzeitig Kritik an der jetzigen Registrierstelle und Registerbetreiberin. SWITCH geriet in die Kritik (der Registrar Alliance-Gründer), als sie eine gewinnorientierte Tochterfirma gründete, die Hosting- und Registrierdienste anbietet, und auf ihrer Webseite (der Stiftung SWITCH, nicht der Register-Webseite www.nic.ch) die Tochterfirma bewarb. Das angerufene Bundesgericht hatte in der Folge entschieden, dass diese vermeintliche Bevorzugung gegenüber den SWITCH-Partnern zulässig sei. Die Gründung erfolgte ebenfalls im Hinblick auf die voraussichtliche Entbündelung der beiden Dienste Registrierstelle und Registerbetreiberin bei der Erneuerung des Vertrags im 2015.

Was die Genossenschaft besser machen will als SWITCH, ist nicht ganz klar. Auch SWITCH senkte in der Vergangenheit wenn möglich die Preise und erhielt dafür in einem Fall sogar Schelte, weil das BAKOM die Preissenkung nicht vorher abgesegnet hatte. In vielen Punkten schränken gesetzliche Regelungen den Spielraum von SWITCH ein. An diese Vorgaben müsste sich auch die Genossenschaft halten. Sie mag zwar nicht gewinnorientiert sein, will aber primär die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder fördern oder sichern. Ob dabei die Interessen der Internet-Community (von wem genau?) wirklich gewahrt werden und nicht eher in den Hintergrund rücken, wird sich allenfalls zeigen.

In einer Stellungnahme weist SWITCH auf ihre Bemühungen für ein sicheres Schweizer Internet hin sowie auf ihre Unabhängigkeit als nicht gewinnorientierte Stiftung der Schweizer Hochschulen. Es ist davon auszugehen, dass SWITCH bereits ein Gesuch zur Erneuerung des Vertrags eingereicht hat. Die entsprechende Verordnung sieht vor, dass dies spätestens 18 Monate vor Ablauf des Vertrags zu erfolgen hat.

Ich persönlich bin skeptisch, was das Vorhaben der Registrar Alliance angeht. Mir scheint eher, als seien die Genossenschafter mit den rechtlichen Vorgaben des BAKOM nicht zufrieden, nach denen sich SWITCH richtet, als mit SWITCH selbst. Als neue Registerbetreiberin hätte sie auf deren Änderung aber nur sehr beschränkt Einfluss. Im Rahmen eines Vernehmlassungsverfahrens zur Überarbeitung der rechtlichen Normen könnten die Hosting-Anbieter auch so mitwirken. Ob die Gründung der Genossenschaft und ihr Vorhaben lediglich aus Trotz bzw. Unzufriedenheit mit dem Bundesgerichtsurteil und der damit entstandenen Spannungen erfolgt ist, und ob dies wirklich ein legitimer Grund ist, Registerbetreiberin werden zu wollen, ist fraglich. Primär aufgrund ihrer Unabhängigkeit gebe ich SWITCH den Vorzug.

brevo.ch: Heisser Kampf ums Feuerlöschen

Die Gesuchstellerin Sicli Materiel-Incendie SA in Plan-les-Ouates im Kanton Genf ist seit rund 90 Jahren im Brandschutzbereich tätig (die Abkürzung „Sicli“ steht für Secours Immédiat Contre L’Incendie), unter anderem mit dem Vertrieb von Feuerlöschern. Im Jahr 2005 hatte die Gesuchstellerin die Brevo AG in Horgen übernommen. Deren Wortmarke „Brevo“ für Feuerlöschapparate und -anlagen aus dem Jahr 1983 wurde erst 2013 im Rahmen der Erneuerung um weitere zehn Jahre auf die Gesuchstellerin übertragen. Im Frühjahr 2013 führte sie ein neues Feuerlöschsortiment unter der Marke Brevo ein.

Der Gesuchsgegner ABC Brandschutz ist das Einzelunternehmen von Ludwig Johann Camenzind in Schönengrund im Kanton St. Gallen. Er vertreibt Feuerlöschgeräte und Zubehör und bietet Schulungen an. Gemäss der Behauptung der Gesuchstellerin arbeitete Herr Camenzind vom 1. Januar 2008 bis am 28. August 2009 bei der Brevo AG. Er bestreitet dies und weist darauf hin, dass die Brevo GmbH nach seinem Wissen seit 2006 nicht mehr besteht (was auch auf der Brevo-Webseite so aufgeführt war). Ein Blick in das Handelsregister zeigt, dass die Brevo AG (später: Brevo GmbH) nach der Fusion mit der Gesuchsgegnerin am 28. November 2005 aus dem Handelsregister gelöscht wurde, womit die Behauptung tatsächlich falsch sein muss.

Der Domainnamen brevo.ch wurde gemäss den Angaben im WIPO-Entscheid am 3. Juni 2013 registriert. Unter dieser Adresse war seit dem Jahr 2001 und mindestens bis im Jahr 2010 die Webseite der Brevo AG zu erreichen. Danach wurde der Domainname scheinbar aufgegeben, bevor er vom Gesuchsgegner neu registriert wurde.

brevo.ch

Nach dem erfolglosen Schlichtungsversuch durch den Experten Daniel Kraus wurde das Verfahren unter der Leitung des Experten Tobias Zuberbühler fortgesetzt.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin macht Markenrecht am Begriff Brevo geltend und behauptet, der Gesuchsgegner wolle aufgrund seiner früheren Beschäftigung für die Brevo GmbH vorsätzlich eine Verwechslung zwischen den Produkten der Gesuchstellerin und seinen eigenen schaffen. Der Gesuchsgegner streitet die Beschäftigung ab und entgegnet, dass die Gesuchstellerin den Domainnamen wegen Nichtgebrauchs aufgegeben habe.

Der Experte zitiert die gängigen Gesetzesbestimmungen und Bundesgerichtsentscheide, die Domainnamen eine Kennzeichenfunktion zugestehen und sie daher nicht identisch oder verwechselbar mit einer älteren Marke für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen sein dürfen.

Beide Parteien sind im Brandschutz- bzw. Feuerlöschmaterial-Bereich tätig. Sowohl die Waren- und Dienstleistungsgleichartigkeit als auch die Verwechslungsgefahr sind gegeben. Da der Gesuchsgegner keine rechtlich relevanten Verteidigungsgründe vorbringt und auch kein eigenes legitimes Interesse dargelegt hat, entscheidet der Experte die Übertragung des Domainnamens an die Gesuchstellerin.

Bemerkungen

Der Experte misst der Löschung des Domainnamens durch die Gesuchstellerin und der später Erstreitung im WIPO-Verfahren „keine entscheidende Bedeutung“ zu. Dem kann nur zum Teil zugestimmt werden. Das Verhalten der Gesuchsgegnerin stellt eine Zuwiderhandlung gegen den vorherigen klaren Verzicht auf den Domainnamen dar (Grundsatz „venire contra factum proprium“) und kann als nicht schützenswerter Rechtsmissbrauch angesehen werden. Es ist weder Sinn noch Zweck einer Marke, die Bezahlung der Jahresgebühr für einen Domainnamen zu ersetzen.

Weiter bezweifelt der Experte die Entgegnung des Gesuchsgegners, er habe nie bei der Gesuchstellerin gearbeitet, weil er darauf hinweist, dass die Brevo GmbH nach seinem Wissen seit 2006 nicht mehr bestanden habe. „Damit gibt er implizit zu, die Rechtsvorgängerin der Gesuchstellerin (und damit auch die Marke BREVO) zu kennen.“ Hier muss klar widersprochen werden. Die Brevo GmbH hatte dies vor der Löschung des Domainnamens auf ihrer Webseite fast wörtlich so kommuniziert. Alle möglichen Gesuchsgegner – ob sie die Gesuchstellerin nun kennen oder nicht – hätten für das Verfassen ihrer Gesuchserwiderung solche Informationen recherchiert und leicht aufgefunden. Da die Gesuchstellerin zu dieser Behauptung offensichtlich keine Beweismittel eingereicht hatte, hätte sie nicht beachtet werden dürfen.

Interessanterweise scheint der Gesuchsgegner Vorbereitungen getroffen zu haben, die Warengleichartigkeit zu verschleiern bzw. eine anderweitige Verwendung vorzutäuschen, indem er unter der Internetadresse www.brevo.ch eine In-Arbeit-Seite mit dem Vermerk „Breitensport Vorschriften“ aufgeschaltet hatte (siehe Bild). Dabei hatte er jedoch vergessen, den in der Browser-Kopfzeile angezeigten Seitentitel („Title“) abzuändern. Dieser lautet: „Brevo Brandschutz und Sicherheit“. Scheinbar hat er im WIPO-Verfahren dann aber nicht versucht, dieses Argument geltend zu machen.

Im Endeffekt ist dem Entscheid jedoch zuzustimmen. Auch im Rahmen eines sachlichen Mitgebrauchs beim Verkauf von Brevo-Feuerlöschern muss der Anspruch des Gesuchgegners auf den Domainnamen gegenüber dem Anspruch der Gesuchstellerin als Inhaberin der identischen Wortmarke zurückstehen.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0014, Entscheid vom 4. November 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/brevo.ch

SWITCH senkt .ch-Domainnamenpreise auf 15.50 Franken

SWITCH senkt per 1. Februar 2014 die Jahresgebühr für .ch-Domainnamen von derzeit 17 Franken auf 15.50 Franken. Der neue Preis gilt bei der Neuregistrierung oder Erneuerung eines Domainnamen ab dem 1. Januar 2014. Auch die Wholesale-Preise, welche SWITCH ihren anerkannten Partnern gewährt, sinken.

Am 22. Oktober 1987 wurde „SWITCH – Teleinformatikdienste für Lehre und Forschung“ als Stiftung durch die Schweizerische Eidgenossenschaft und acht Hochschulkantone (Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Genf, Neuenburg, St. Gallen, Waadt und Zürich) gegründet. Sie setzt sich zum Ziel, „die nötigen Grundlagen für den wirksamen Gebrauch moderner Methoden der Teleinformatik im Dienste der Lehre und Forschung in der Schweiz zu schaffen, zu fördern, anzubieten, sich an solchen zu beteiligen, und sie zu erhalten“.

Als Stiftung verfolgt SWITCH weder kommerzielle Zwecke, noch ist sie auf die Realisierung eines Gewinns ausgerichtet. Daher und dank der stetig wachsenden Anzahl registrierter Domainnamen (zurzeit über 1.8 Millionen .ch-Domainnamen) und damit auch steigenden Einnahmen ist es jeweils möglich, Preissenkung zu realisieren. Preisänderungen für Schweizer Domainnamen werden durch SWITCH vorgeschlagen und müssen durch das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) genehmigt werden.

Seit der letzten Preissenkung auf 17 Franken am 1. Februar 2008 sind genau sechs Jahre vergangen. Damit hat es bis zur kommenden Senkung nicht nur am längsten gedauert, sondern es ist auch die bisher tiefste Preisreduktion der Schweizer Domainnamen-Geschichte – und das erste Mal, dass Domainnamenpreise nicht auf einen ganzen Frankenbetrag lauten.

Die bisher erfolgten Preissenkungen umfassten eine Senkung auf 17 Franken (1. Februar 2008), 22 Franken (1. September 2007), 27 Franken (1. November 2006) und auf 35 Franken (1. Juli 2001). Zuvor kostete ein Schweizer Domainname 48 Franken. Die ursprünglich zusätzlich erhobene Registrierungsgebühr in der Höhe von 80 Franken wurde per 1. Juli 2001 auf 40 Franken gesenkt und fiel bei der Preissenkung auf 27 Franken (1. November 2006) ganz weg. Eine weitere Preissenkung ist vorerst nicht absehbar.

youtubetv.ch: Streaming-Anbieter „ohne betrügerische Absicht oder Bösgläubigkeit“

Die Gesuchstellerin Google Inc. aus Mountain View, Kalifornien, USA, ist ein Unternehmen für Internetdienstleistungen, das am meisten für seine gleichnamige Suchmaschine bekannt ist. Im Jahr 2006 kaufte Google das Internet-Videoportal YouTube und besitzt seit demselben Jahr die Schweizer Wortmarke YouTube.

Der Gesuchsgegner Dr. István Dózsa aus Debrecen, Ungarn, bietet unter den Adressen YouTubeTV.ch und FacebookTV.org einen Streaming-Dienst für Filme und Fernsehserien an. Weder über ihn noch über die in den Impressen erwähnten Firmen Diamond Reef Ltd. und VideoCinema ist mehr bekannt.

Der Domainname youtubetv.ch wurde am 27. März 2013 registriert. Unter dieser Adresse ist der erwähnte Streaming-Dienst des Gesuchsgegners zu finden.

youtubetv.ch

Der Schlichtungsversuch blieb erfolglos. Tobias Zuberbühler wurde als Experte eingesetzt, um das Verfahren weiterzuführen.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bringt vor, dass sich der Domainname nur durch den Zusatz „TV“ von ihrem Angebot und ihrer Marke unterscheidet und dass sich die angebotenen Dienstleistungen zum Teil überschneiden, was neben der Markenverletzung auch eine erhebliche Verwechslungsgefahr schaffe.

Der Gesuchsgegner wendet ein, dass der Domainname rechtmässig und ohne betrügerische Absicht oder Bösgläubigkeit registriert worden sei. Er habe ein legitimes Interesse am Domainnamen, der nicht mit den Diensten, dem Logo oder der Bezeichnung der Gesuchstellerin verwechselt werden könne.

Für den Experten steht fest, dass eine Zeichenidentität bzw. -ähnlichkeit besteht und der Zusatz „TV“ lediglich beschreibend ist und „keine nennenswerte Distanz zwischen dem Domainnamen und der Wortmarke der Gesuchstellerin“ zu schaffen vermag. Daneben liegen auch identische Dienstleistungen vor. Somit besteht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, die vom Gesuchsgegner bewusst geschaffen worden sei, was die Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin klar verletzt. Er beschliesst die Ãœbertragung des Domainnamens.

Bemerkungen

Der Gesuchsgegner behauptet zwar, die Besucher nicht täuschen zu wollen und den Domainnamen nicht bösgläubig registriert zu haben. Dem Experten ist jedoch beizupflichten, dass diese Behauptungen rechtlich irrelevant sind. Dem Gesuchsgegner war das YouTube-Portal bekannt und es muss ihm klar gewesen sein, dass es sich hier nicht nur um ein fremdes Kennzeichen handelt, sondern er wollte klar von dessen Ruf profitieren. Es fehlt ihm also klar nicht am Unrechtsbewusstsein als Voraussetzung für gutgläubiges Handeln.

Mich hat überrascht, dass in einem eigentlich so klaren Fall einer Markenverletzung überhaupt eine Gesuchserwiderung eingetroffen ist und dass der Gesuchsgegner tatsächlich davon überzeugt ist, eine Berechtigung am Domainnamen zu haben. Für seinen Streaming-Dienst ist er auf diesen nicht angewiesen (er ist auch unter weiteren Adressen erreichbar) und es ist fraglich, wie viele internationale Besucher sich überhaupt auf die Schweizer Internetadresse verirrt hatten.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0015, Entscheid vom 5. November 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/youtubetv.ch

kstools.ch: Mutterhaus unterliegt gegen Vertriebspartner in Liquidation

Die Gesuchstellerin KS Tools Werkzeuge – Maschinen GmbH aus Heusenstamm in Deutschland ist ein international tätiger Anbieter von Werkzeugen und Werkstatteinrichtungen. Das 1992 gegründete und mittlerweile auf über 190 Mitarbeiter am Konzernhauptsitz in Deutschland angewachsene Unternehmen verfügt weltweit über Niederlassungen und Vertriebsgesellschaften. Sie ist Inhaberin mehrerer internationaler Markeneintragungen, die den Bestandteil „KS Tools“ enthalten, auch mit Schutzanspruch für die Schweiz.

Der Gesuchsgegner Rieder Engineering ist ein Einzelunternehmen in Greifensee für die Beratung, Installation und Verkauf im Bereich Computer/Elektronik. Der Inhaber Lucas Rieder und seine Ehefrau führten als Verwaltungsräte bzw. Geschäftsführerin die am 2. Juni 2004 gegründete Schweizer Vertriebsgesellschaft der Gesuchstellerin, KS Tools AG, welche das Werkzeugsortiment der Gesuchstellerin exklusiv in der Schweiz vertrieb. Am 4. Dezember 2012 (der WIPO-Entscheid spricht fälschlicherweise vom Jahr 2011) wurde über die Schweizer Vertriebsgesellschaft der Konkurs verhängt. Der Gesuchsgegner betrieb nach eigenen Angaben die IT-Infrastruktur der Schweizer Vertriebsgesellschaft.

Gemäss den Angaben im WIPO-Entscheid wurde der Domainname kstools.ch am 9. Januar 2013 registriert. Er gehörte jedoch mindestens seit dem 28. Mai 2004 der Schweizer Vertriebsgesellschaft. Scheinbar hatte ihn das Ehepaar Rieder aufgrund der Liquidation der Schweizer Vertriebsgesellschaft auf das Einzelunternehmen übertragen. Zur Zeit des WIPO-Entscheids ist unter dieser Internetadresse keine Webseite aufgeschaltet. Das Bild zeigt die Webseite der Gesuchstellerin.

kstools.com (KS Tools Mutterhaus in Deutschland)

Der Schlichtungsversuch unter der Leitung des Experten Tobias Zuberbühler blieb erfolglos. In der Folge wurde das Verfahren fortgesetzt und Andrea Mondini als Experte eingesetzt.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin verweist auf ihre Markeneintragungen und ihr Namensrecht (auch der Schweizer Vertriebsgesellschaft, an der sie ebenfalls beteiligt war) und macht geltend, „der Gesuchsgegner habe den Domainnamen in der Absicht registriert, die Aktivitäten der Gesuchstellerin in der Schweiz zu behindern und damit ‚wie ein Domainnamen-Pirat‘ gehandelt und gegen Art. 2 UWG verstossen. Der Gesuchsgegner sei weder an der Firma der Gesuchstellerin beteiligt, noch habe diese ihm das Recht zur Nutzung des Namens ‚KS Tools‘ eingeräumt. Der Gesuchsgegner habe zudem das Namensrecht der Gesuchstellerin verletzt (Art. 29 Abs. 2 ZGB).“

Der Gesuchsgegner argumentiert, die Gesuchstellerin habe der Schweizer Vertriebsgesellschaft die Verwendung des Namens „KS Tools “ ausdrücklich erlaubt. Er betreibe deren Infrastruktur und den Domainnamen in deren Auftrag.

Der Experte sieht die Verletzung eines Kennzeichenrechts nicht nachgewiesen. Der Gesuchsgegner bzw. Lucas Rieder sei weder ein unbeteiligter Dritter noch ein „Domainnamen-Pirat“, sondern Verwaltungsrat der Schweizer Vertriebsgesellschaft, die den Domainnamen rechtmässig benutzt hatte. Da keine Verletzung eines Kennzeichenrechts vorliegt und damit die Voraussetzungen für eine Ãœbertragung des Domainnamens nicht erfüllt sind, weist der Experte das Gesuch um Ãœbertragung des Domainnamens ab.

Bemerkungen

Die Übertragung des Domainnamens von der Schweizer Vertriebsgesellschaft auf das Einzelunternehmen während der Liquidation ist fragwürdig. Dem Experten ist jedoch zuzustimmen, dass ein WIPO-Verfahren das falsche Mittel zur Klärung dieser Frage ist, sondern dass diese allenfalls im Rahmen des Konkursverfahrens zu prüfen sei. Korrekterweise wäre der Domainname tatsächlich – zumindest nach erfolgter Liquidation – an das deutsche Mutterhaus zu übertragen. Spätestens dann erlischt die Berechtigung von Lucas Rieder in seiner Doppelfunktion als Verwaltungsrat und Einzelunternehmer, den Domainnamen zu besitzen. Die Gesuchstellerin hat das WIPO-Verfahren zu früh angestrebt.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0012, Entscheid vom 30. Oktober 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/kstools.ch

ihr-gesundheitscoach.ch: Kein Erfolg für Apothekervereinigung mit schwacher Marke

Die Gesuchstellerin TopPharm AG in Münchenstein ist eine Vereinigung von über 100 unabhängigen Apothekern in der Deutschschweiz mit über 1’400 Mitarbeitern. Auf Ihrer Webseite bietet sie unter dem Stichwort „Ihr Gesundheits-Coach“ ein Zufallsbild eines Apothekers oder einer Apothekerin aus einer TopPharm-Apotheke inklusive Link zu deren Webseite. Sie ist Inhaberin der am 9. Juni 2011 hinterlegten Wortmarke „Gesundheitscoach“.

Die Gesuchsgegnerin Master Training Group GmbH in Zug und ihre Inhaberin und Geschäftsführerin Perina Jitka unterstützen und beraten Unternehmen in Innovations-, Kommunikations- und Change-Prozessen. Zu Ihren Kunden gehörte auch die Gesuchstellerin (Verkaufsschulung).

Der Domainname ihr-gesundheitscoach.ch wurde am 18. September 2011 registriert. Unter dieser Adresse ist eine Microsite der Gesuchsgegnerin aufgeschaltet, auf der sie ihre Gesundheitscoaching-Dienste für Apothekerinnen und Apotheker anbietet.

ihr-gesundheitscoach.ch

Die Gesuchsgegnerin hat in eine telefonische Schlichtungsverhandlung eingewilligt, die unter der Leitung des Experten Daniel Kraus jedoch erfolglos verlief. Auch die von den Parteien gewünschte Sistierung des Verfahrens zur Führung weiterer Vergleichsgespräche führte zu keiner Lösung, so dass das Verfahren unter Bernhard F. Meyer weitergeführt wurde. Beide Parteien sind anwaltlich vertreten.

Erwägungen und Entscheid

Die Gesuchstellerin bringt vor, aufgrund ihrer Marke Anspruch auf den Domainnamen hat, der sich lediglich durch den Possessivpronomen-Zusatz „ihr-“ von der Marke unterscheidet. Es bestehe eine Gleichartigkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Die Gesuchsgegnerin habe sich erst durch die Zusammenarbeit für den Begriff „Gesundheitscoach“ zu interessieren begonnen und profitiere nun vom „vertrauenserweckenden“ Begriff bzw. ihrer Marke, womit die Gesuchsgegnerin auch unlauter handle.

Die Gesuchsgegnerin bestreitet die Gleichartigkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen, womit die ohnehin schwache Marke nicht zum Tragen komme und auch kein unlauterer Wettbewerb vorliege. Ausserdem habe ich die Gesuchstellerin seit dem Jahr 2011 vom Domainnamen gewusst, den sie seit der damaligen Ãœberarbeitung ihres Angebots verwendet habe. Durch das Zuwarten mit dem Geltendmachen einer Verletzung habe sie ihren Abwehranspruch verwirkt.

Der Experte lässt offen, ob eine Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen bestehe. Da sich die Geschäftsfelder beider Parteien hinsichtlich Dienstleistungs- und Produktangebot überschneide, seien sie als Mitbewerberinnen anzusehen und eine Verwechslungsgefahr könne „nicht ausgeschlossen werden“.

Hingegen sei die Kennzeichnungskraft der Marke tatsächlich schwach. Darauf hatte das IGE die Gesuchstellerin bereits bei der Eintragung der Marke hingewiesen. Ausserdem habe sich der Begriff als Beratungsberuf im Gesundheitswesen etabliert. Und gerade in spezialisierten Verkehrskreisen wie in medizinischen Fachbereichen werde sorgfältig auf Details geachtet, so dass selbst bei einem identischen Zeichen die Verwechslungsgefahr vermindert sei. Der Begriff habe sich auch nicht im Verkehr als Kennzeichen der Gesuchstellerin durchgesetzt. Der Schutzbereich sei also eng.

Weiter sei der Domainname zwar nach der Hinterlegung, jedoch noch vor der Eintragung der Marke ins Markenregister (am 19. Dezember 2011) registriert worden. Die Gesuchsgegnerin habe also keine Verletzung oder Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr mit der Marke der Gesuchstellerin beabsichtigt.

Schliesslich sei die Gesuchsgegnerin mindestens seit dem Jahr 2008 auf dem Gebiet des Gesundheitscoaching tätig und habe damit einen eigenen Anspruch auf den Begriff. Der Experte weist das Begehren der Gesuchstellerin ab.

Bemerkungen

Während ich mit dem Resultat einverstanden bin, finde ich die Begründung mehr als speziell.

Die Wortmarke „Gesundheitscoach“ ist nicht für Gesundheits- oder Apothekendienstleistungen eingetragen. Da der Begriff in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen beschreibend gewesen wäre, wurde er dafür entweder nicht beantragt oder aber vom Institut für Geistiges Eigentum abgelehnt. So sind geschützt: Seifen, Parfüms, Haarwasser, Zahnputzmittel, pharmazeutische Präparate, Babykost, Pflaster, Verbandsmittel, Desinfektionsmittel (alles für therapeutische und medizinische Zwecke), wissenschaftliche Wäge-, Mess-, Kontrollapparate und -instrumente, chirurgische, ärztliche Instrumente, orthopädische Artikel, Werbung, Detailhandelsdienstleistung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Unternehmensberatung, Büroarbeiten, Immobilienwesen sowie Durchführung von Qualitätskontrollen für Apotheken. Auf der TopPharm-Webseite richtet sich die Gesuchstellerin unter dem Titel „Ihr Gesundheits-Coach“ und dem Vorstellen von zufällig gewählten Apotheken-Teams an Endkunden der Apotheken (business to consumer), während sich das Angebot der Gesuchsgegnerin an Apotheker richtet (business to business), die ihre Seminare und Kurse zur Optimierung ihrer Kundenberatung und der Apothekenführung besuchen. Auch eine Verwechslungsgefahr kann damit ausgeschlossen werden. Damit überschneiden sich die Geschäftsfelder der Parteien meiner Meinung nach nicht und der Domainname könnte problemlos neben der (schwachen) Marke bestehen. Die Prüfung wäre hier abgeschlossen gewesen.

Damit wäre auch die fremd anmutende Herleitung mit der Registrierung des Domainnamens nach der Hinterlegung aber vor der Eintragung nicht nötig gewesen. Denn eigentlich gilt für den Markenschutz das Hinterlegungsdatum, nicht das Eintragungsdatum. In anderen Worten: In der Schweiz ist das Kennzeichen bereits ab der Hinterlegung (also kurz nach der Anmeldung der Marke, nachdem die formellen Voraussetzungen geprüft wurden) geschützt, vorliegend der 9. Juni 2011. Der erst Monate später registrierte Domainname müsste damit gegenüber der Marke zurückstehen. Es ist nicht ersichtlich, wieso dies im vorliegenden Verfahren anders sein soll und anstelle des Hinterlegungsdatum das Eintragungsdatum relevant sein soll. Bei diesem Punkt ist dem Experten also ganz klar zu widersprechen. Seine Ansicht würde Domaingrabbern Tür und Tor öffnen, die damit ohne Gefahr und rechtliche Folgen den neu hinterlegten Marken entsprechende Domainnamen registrieren könnten, falls der Hinterleger die Registrierung bisher versäumt hat.

Daneben verwendet TopPharm auf ihrer Webseite den Begriff – wie oben bemerkt – mit Bindestrich. Angesichts der schwachen Marke mit ihrem geringen Schutzbereich fragt es sich, ob hier aufgrund der abweichenden Schreibweise überhaupt ein markenmässiger Gebrauch stattfindet.

Fraglich ist ausserdem, weshalb die Gesuchstellerin nicht auch oder eher gegen die übrigen Inhaber der .ch-Domainnamen vorgeht, welche den Begriff „Gesundheitscoach“ enthalten. Denn auch „meingesundheitscoach.ch“ und „deingesundheitscoach.ch“ gehören nicht der Gesuchstellerin (aber auch nicht der Gesuchsgegnerin). Und wieso hat die Gesuchstellerin selbst nicht „ihrgesundheitscoach.ch“ und „ihr-gesundheits-coach.ch“ registriert, um weiteren möglichen Verletzungen ihrer Marke vorzubeugen?

Und noch eine Randbemerkung: Dies ist das erste im Verfahrensjahr 2013 abgelehnte WIPO-Verfahren.

WIPO-Verfahren Nr. DCH2013-0010, Entscheid vom 26. September 2013.

Kurzlink hierher: www.domainnamenblog.ch/wipo/ihr-gesundheitscoach.ch